Aktuelles: Menschenrechte – Brutalität der Polizei - 03/2015

Aus Tansania Information
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Afrikanischer Gerichtshof

Der „Afrikanische Gerichtshof für Menschen- und Völkerrecht“ soll im Arusha-Vorort Kisongo eine bleibende Stätte finden. Seit 2007 residiert er provisorisch im Hauptquartier der Nationalpark-Verwaltung in Burka. Bisher haben allerdings nur 28 von 54 Mitgliedsstaaten der Afrikanischen Union das Protokoll zu diesem Gericht ratifiziert und nur sieben Staaten haben akzeptiert, dass ihre Bürger dieses Gericht anrufen. Die 11 Richter treten viermal im Jahr zusammen. Bisher haben sie 24 Streitfälle entschieden. Die EU begrüßt die Existenz des AfCHPR und versprach finanzielle Unterstützung.

Kenia versuchte, beim diesjährigen Gipfeltreffen der Afrikanischen Union zu erreichen, dass das Mandat des AfCHPR auf Kriminalfälle ausgeweitet wird. Dies war zwar grundsätzlich im Juni letzten Jahres beschlossen worden, dennoch unterstützte kein einziges Land Kenias Vorstoß. Kenia will z. B., dass afrikanische Regierungsmitglieder nicht mehr (wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit) vor das Internationale Strafgericht (ICC) in Den Haag zitiert werden können (wie der kenianische Präsident U. Kenyatta 2014), sondern allenfalls in Arusha vor afrikanischen Richtern stehen. Die AU kann aber wohl nicht mit westlicher Finanzhilfe für den AfCHPR rechnen, wenn die afrikanischen Staaten nicht mehr mit dem ICC kooperieren.

Arusha Times 24.01.15; DN 13.11.; 08.12.14; East African 02.02.15

Maasai-Bomas vernichtet

Bewaffnete Rangers des Serengeti-Nationalparks brannten 114 Maasai-Bomas mitsamt den Nahrungsmittel-Vorräten nieder. Die Siedlungen seien 1 km innerhalb des Parks gelegen und starke Viehherden hätten im Parkgelände gegrast. Die Maasai-Ältesten bestritten dies und sahen ihre Wohnplätze 5 bis 10 km von der Parkgrenze entfernt. Sie sagten, dieses Land gehöre ihren Vorfahren seit einem Vertrag mit der Kolonialregierung 1959, als der Nationalpark eingerichtet wurde. Sie würden daher niemals weichen, zumal sie vermuteten, man wolle dort ein Jagdrevier für die königliche Familie der Vereinigten Arabischen Emirate einrichten. Die Regierung müsse jetzt Frauen und Kindern mit Nahrungsmitteln und Medikamenten helfen.

Guardian 15.02.15

Oppositionsführer verhaftet

Der Vorsitzende der oppositionellen Civic United Front (CUF), Prof. I. Lipumba, wurde bei einer untersagten Demonstration zusammen mit 32 Parteimitgliedern wegen Volksverhetzung verhaftet und später auf Kaution freigelassen. Er beteuerte, er habe seinen Parteifreunden in letzter Minute das Verbot der Versammlung mitteilen wollen. Die Demonstration sollte 21 Parteifreunde ehren, die 2001 bei Unruhen auf Sansibar ums Leben gekommen waren.

Oppositionelle Abgeordnete erzwangen in der Nationalversammlung eine Diskussion des Vorfalls. Sie erreichten, dass das Innenministerium eine Untersuchung durchführen muss. Diese soll prüfen, ob die Polizei unverhältnismäßige Gewalt angewandt hat. Ein Abgeordneter der NCCR-Mageuzi (Opposition) sagte: „Wenn schon ein Regierungsmitglied (Lipumba gehört der Einheitsregierung von Sansibar an) so schikaniert werden konnte, was muss dann der Normalbürger erwarten?“

Reaktionen und Proteste

Akademische Politologen wiesen auf eine grundsätzliche Fehlorientierung der tansanischen Polizei hin: Die Polizeikräfte sähen ihre Hauptaufgabe nicht darin, die Bürger und ihre Rechte zu schützen; vielmehr sei ihr wichtigstes Ziel, den Staat, schlimmer noch, die Interessen der regierenden CCM zu schützen. Daher würden auch bereits Festgenommene noch geschlagen und gedemütigt. Seit Einführung des Mehrparteienstaates würden Oppositionsparteien von der Polizei unfair behandelt. Die CCM missbrauche die Ordnungskräfte, um ihre Gegner zu schwächen. Leider schweige sowohl die bisherige aus auch die neu entworfene Verfassung zum Schutz der Bürger vor exzessiver Gewalt der Sicherheitsorgane. Lipumba sagte bei einer Pressekonferenz, die CCM missbrauche die Polizei, um ihre Gegner zu unterdrücken und einzuschüchtern. Präsident Kikwete verteidigte die Festnahme Lipumbas wegen fehlender Demonstrationsgenehmigung. Er äußerte sich jedoch nicht zu den Gewaltexzessen der Polizei. Auch das Verbot des „East African“ erklärte er für gesetzeskonform.

Die Direktorin des Rechts- und Menschenrechts-Zentrums (LHRC, eine NRO) sieht den Grund des Übels darin, dass polizeiliche Übergriffe regelmäßig straflos bleiben. Als 2012 ein Journalist bei der Berichterstattung über eine Demonstration von der Polizei getötet wurde, sei der zuständige Polizeikommandeur befördert worden anstatt vor Gericht gestellt zu werden. Das LHRC fordert immer wieder, die restriktive Presseverordnung von 1976 zu modernisieren und die Todesstrafe abzuschaffen.

Amnesty International hat in drei aufeinander folgenden Jahren (2011 - 13) Menschenrechts-Verletzungen der tansanischen Polizei und deren Straflosigkeit angeprangert. 2012 seien 23 Personen bei Demonstrationen und Räumung ungenehmigter Bergwerke erschossen worden. 2014 töteten Polizeikräfte drei Personen bei einer Anti-CCM-Demonstration in Arusha.

Rechtsschutz für Gefangene

Tansania wird als erstes afrikanisches Land die „Luanda-Richtlinien“ zum Schutz der Rechte von Untersuchungs- und Strafgefangenen in seiner Gesetzgebung umsetzen, teilte die „Kommission für Menschenrechte und gute Regierungsführung“ mit. Bei einer landesweiten Untersuchung stellte die Kommission fest, dass 50% aller Häftlinge in Untersuchungshaft sitzen und dort drei bis vier Jahr auf ihren Prozess warten müssen. Darunter leiden auch die Familien, vor allem Kinder. Viele Gefangene beschwerten sich über willkürliche Festnahme, Fälschung von Beweismitteln, fehlenden Rechtsbeistand, Folter und überfüllte Gefängniszellen. Vor allem in Bagatellfällen wie Hühnerdiebstahl will man auf Untersuchungshaft verzichten.

Die Regierung will – finanziert vom UN-Entwicklungsfonds – die kostenlose Rechtsberatung marginalisierter Gruppen und von Häftlingen einführen. Bedürftige können dann auch über Mobiltelefon Rechtsrat einholen. Bisher haben private Initiativen solche Dienste angeboten.

Weiter Protest gegen Zeitungsverbot

Die USA äußerten wie vorher die EU Besorgnis über den Zustand der Meinungsfreiheit in Tansania, ebenso das Internationale Presseinstitut in Wien.

Citizen 18.05.14; 29.,30.01.;01.,02.02.15; DN 03.09.14; 29.01.; 02.,04.02.15; Guardian 16.07.14; 30.01.15;