Aktuelles - 01/2015

Aus Tansania Information
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Lokale Wahlen

Im Dezember fanden landesweit Gemeindewahlen statt. In ländlichen Gebieten wählt man dabei die Dorf-Vorsitzenden und Mitglieder verschiedener Ausschüsse. In den Städten wird jeweils ein Straßen-Vorsitzender und die Ausschussmitglieder bestimmt.

In 14 Regionen gab es zahlreiche Unregelmäßigkeiten: Wahlzettel oder Markierungstinte fehlten, registrierte Wähler fanden sich nicht im Wählerverzeichnis, Kandidaten nicht auf der Kandidatenliste, manche Kandidaten wurden der falschen Partei zugeordnet. Gelegentlich instruierten Wahlhelfer die Wahlwilligen gleich, wo sie ihr Kreuz zu machen hätten. Wegen solcher Defizite kam es mehrfach zu Handgreiflichkeiten und vorzeitiger Schließung des Wahllokals. Die Wahl muss wiederholt werden, wo sie nicht regulär durchgeführt wurde.

Die Oppositionsparteien tadelten den Zeitpunkt der Wahl. Es sei abzusehen gewesen, dass die Zeit nicht für sorgfältige Vorbereitungen ausreiche. Die Ministerin für Regionale und Lokale Verwaltung zeigte sich enttäuscht und kündigte eine strenge Untersuchung der Unregelmäßigkeiten an. Ab 2019 soll dann die Nationale Wahlkommission alle Wahlen organisieren. Die Oppositionsparteien Chadema und CUF forderten Rücktritt bzw. Entlassung von Premier Pinda und der Ministerin für Lokale Verwaltung, H. Ghasia, da sie die Wahl nicht ordnungsgemäß beaufsichtigt hätten. Die Regierung entließ inzwischen Verwaltungsbeamte in Distrikten mit besonders chaotischem Wahlverlauf.

Für diese Wahl hatten sich 11,4 Mill. Wähler/innen registriert, etwa 62% der Wahlberechtigten, wobei sie die ländlichen Wähler/innen deutlich interessierter zeigten als die städtischen. Weibliche und jugendliche Wähler/innen waren zahlreicher als bei früheren Wahlen. Sechs politische Parteien hatten Kandidat/innen aufgestellt. In den ländlichen Zonen konnte die CCM ihre dominante Position aufrecht erhalten. In stadtnahen und städtischen Siedlungen gewannen die Oppositionsparteien neue Wähler/innen auf lokaler Ebene.

Soziologen wiesen auf neue Trends hin:

  • Die Wähler entscheiden nicht nur nach Personen und Parteien, sondern nach Inhalten und Glaubwürdigkeit
  • Frauen und Jungwähler gewinnen an politischem Gewicht
  • Die herrschende CCM sollte als Konsequenz aus den Stimmengewinnen der Opposition korruptes Führungspersonal entfernen
  • Die Oppositionsparteien sollten ihre Zersplitterung überwinden und ein klares Programm formulieren

Die CCM blieb mit Abstand die stärkste Partei. Sie errang insgesamt 9.406 Sitze in Dorf- und Straßenvertretungen 2009: 12.042 Sitze), alle Oppositionsparteien zusammen mussten sich mit 3.211 Sitzen begnügen (2009: 992 Sitze), das entspricht 28,8% (2009: 7,5%).

Das Vorhaben der Nationalen Wahlkommission (NEC), Soldaten zur Unterstützung der biometrischen Wähler-Registrierung einzusetzen, löste bei den Oppositionsparteien Empörung aus. Sie vermuten darin einen Versuch, die Bevölkerung einzuschüchtern. Das NEC will bis 28. April die etwa 23 Mill. Wahlberechtigten biometrisch erfassen. Die Daten werden für das Verfassungs-Referendum im Mai benötigt. Viele Beobachter halten den Erfassungs-Zeitraum für zu kurz. Beim Einsatz der biometrischen Erfassungsgeräte in der Pilot-Region DSM versagten diese vielfach. Viele mussten unverrichteter Dinge heimkehren, nachdem sie einen ganzen Tag lang Schlange gestanden hatten.

Citizen 12.,16.,18.,19.,22.12.14; DN 15.,17.12.14; Guardian 13.,15., 16.,18.12.14

Unabhängigkeitstag

Am 9. Dez. wurde der 53. Unabhängigkeitstag im Uhuru-Stadion begangen. Präsident J. Kikwete und weitere Sprecher hoben die großen Entwicklungs-Fortschritte hervor und warben für ein Ja zum Entwurf der neuen Verfassung, der jedoch nach Meinung der Opposition die regierende CCM einseitig begünstigt. Paraden von Militär, Polizei, Gefängnisaufsehern und Schülern, sowie Darbietungen traditioneller Tänze unterhielten das Publikum.

Der Präsident begnadigte aus Anlass des Unabhängigkeitstages 4969 Gefängnisinsassen. 887 wurden freigelassen, meist Schwerkranke. Anderen wurde 1/6 der Strafe erlassen. Von der Begnadigung ausgenommen sind Strafen wegen Macht- und Drogenmissbrauchs, Wilderei, Vergewaltigung, Autodiebstahl und Schwängern von Schulmädchen, ebenso die zum Tod Verurteilten.

Der Guardian zitierte Interviews mit Festbesuchern, die die Gefährdung des inneren Friedens durch Machtmissbrauch, Korruption, Raffgier und Nachlässigkeit, vor allem im öffentlichen Dienst, ansprechen.

Optimismus

Die NRO „Twaweza“ und „Gesellschaft für Internationale Entwicklung“ führten eine Umfrage in Festland-Tansania durch mit dem Titel „Tansania 2025 – sehen die Tansanier ihre Zukunft optimistisch?“ Fast 2/3 der Befragten meinten, 2025 werde man in TZ gut leben, dann werde der Status eines Schwellenlandes erreicht sein. Pessimistisch äußerten sich 25% der Wohlhabenden und 18% der Armen.

90% finden, dass Tansanier wichtige Entscheidungen selbst fällen werden (54% die Eliten, 37% die Bevölkerung). Während die ländliche Bevölkerung eher glaubt, die Regierung werde ihre Zukunft beeinflussen, finden die Städter, sie selbst, Familie oder Kollegen bestimmten ihre Zukunft. 68% erwarten bis 2025 eine Frau als Präsidentin, 60% einen Präsidenten aus der Opposition, 62% rechnen mit religiösen Konflikten, 61% mit der Abspaltung Sansibars, 60% mit der Ausrottung der Elefanten. Insgesamt sehen die Tansanier ihre Zukunft optimistischer als Europäer und Nordamerikaner.

Tansania erreicht laut einem Bericht der Wirtschaftsprüfungs-Firma PWC mit 44,3% den höchsten Gesamtsteuersatz in der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) vor Kenia (38%), Uganda (36,5%) und Ruanda (33%). Dies geht auf relativ hohe Abgaben auf Arbeitslöhne zurück. Zum Vergleich: Gesamtafrika 36%, Europa 41%, USA 39%, Asien 24% und Mittlerer Osten 24%. In Tansania stiegen die Einnahmen, nachdem Steuern per Bank und per Mobiltelefon entrichtet werden können. Elektronisch wird bisher nur die Mehrwertsteuer erfasst. Steuerzahler beklagen jedoch, dass die sozialen Leistungen des Staates nicht den gezahlten Steuern entsprechen. Dies gelte besonders für Gesundheitswesen, Schulen, sowie Wasser- und Stromversorgung.

Menschenrechte

Der UN-Koordinator in Tansania lobte am Tag der Menschenrechte (10. Dez.) die Fortschritte des Landes in diesem Bereich. Als Beispiele nannte er

  • Akzeptieren der „Umfassenden Regelmäßigen Überprüfung“ (Universal Periodic Review) der Menschenrechts-Situation im Land
  • Gute Behandlung von Flüchtlingen
  • Beherbergung des Afrikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte
  • Beitritt zur Konvention über Behindertenrechte
  • Beitritt zur Konvention gegen Frauendiskriminierung
  • Unterstützung von Organisationen wie der Kommission für Menschenrechte und gute Regierungsführung (CHRAGG – www.chragg.go.tz)

Der CHRAGG- Kommissar erinnerte dagegen an noch immer bestehende Verletzungen von Grundrechten, z.B. langwierige Prozesse, Gewalt gegen Frauen und Kinder, Tötung von Alten und Albinos aus Aberglauben. Ausdrücklich wandte er sich gegen Misshandlung und Folterung durch Staatsorgane (Militär, Polizei, Gefängnisaufseher, Immigrations- und Wildschutzbeamte). 2006 bis 2011 seien mindestens 80 Personen von Behörden-Mitarbeitern getötet worden. Dabei seien die Opfer jüngster Aktionen gegen Wilderei und illegale Einwanderung nicht mit gezählt.

Der EU-Delegationschef begrüßte es, dass Tansania die meisten Empfehlungen der Überprüfungs-Kommission (UPR) angenommen hat. 153 Verbesserungsvorschläge waren vorgelegt worden, davon wurden 53 aufgeschoben und nur vier direkt abgelehnt (darunter die Abschaffung der Todesstrafe). Angenommen wurden wichtige Verbesserungen, z.B.

  • das Heiratsalter für Mädchen von 14 auf 18 Jahre heraufzusetzen
  • die Vergewaltigung in der Ehe zu bestrafen
  • Minderheitenrechte formell zu schützen

Das Rechtshilfe- und Menschenrechts-Zentrum bedauert in seinem Bericht 2013, dass staatliche Behörden den Menschenrechten noch nicht Priorität einräumen. Polizei und Justiz verschleppten viele Anzeigen wegen Menschenrechts-Verletzung, einerseits wegen Unterfinanzierung und Personalmangel, andererseits wegen Gleichgültigkeit und Interventionen „von oben“. Viele hätten das Vertrauen in die staatlichen Institutionen verloren und nähmen das Recht in die eigene Hand.

Der Bericht zählt 2878 Fälle von Vergewaltigung von Frauen und Mädchen, 3633 Rechtsverletzungen an Frauen und Kindern, 320 Fälle von Tötung aus Aberglauben und 473 Fälle von Lynchjustiz. Viele Opfer verzichten wegen der ineffizienten Strafverfolgung auf eine Anzeige oder ein Verfahren.

Business Times 12.12.14; Citizen 07.12.14; DN 10.,11.12.14; Guardian 04.,06.,10.,11.,12.12.14;

4 Jahre Einheitsregierung auf Sansibar

Sansibar und die Inseln feierten vier Jahre „Regierung der nationalen Einheit“ (GNU), in der sich CCM und CUF die Macht teilen. 2010 war die Verfassung zu diesem Zweck geändert worden, 63% hatten zugestimmt. Insgesamt wird der Einheitsregierung eine positive Bilanz bescheinigt, vor allem bei der Erhaltung des inneren Friedens. Kritik wird laut über unverhältnismäßige Polizeigewalt.

DN 29.10.14

Tanesco-Treuhandkonto-Skandal

Sieben wichtige NRO veröffentlichten eine gemeinsame Stellungnahme „Stromerzeugungs-Betrug stellt Integrität und Verantwortungsbewusstsein der Regierung auf den Prüfstand“ (www.policyforum-tz.org) Die Verfasser konstatieren schweres Versagen von Regierungsstellen. Sie halten fest:

  • Die Firma PAP behauptete betrügerisch, 70% der Anteile des privaten Stromerzeugers IPTL erworben zu haben
  • Der Transfer von mindestens $ 120 Mill. von einem Treuhandkonto der Tanesco bei der Bank of Tanzania an IPTL / PAP war illegal und Höhepunkt von zwei Jahrzehnten der Korruption und Kaperung der Stromerzeugers durch private Interessen
  • Die Schlichtung des Konflikts zwischen Tanesco und IPTL / PAP wurde jahrelang systematisch hintertrieben
  • Mehrere Privatbanken haben durch Nachlässigkeit oder absichtlich Geldwäsche und Verschiebungen ins Ausland gefördert
  • Privatleute konnten gesetzeswidrig große Summen in bar abheben
  • PPP-Verträge (Kooperation von staatlichen und privaten Firmen) sind häufig vage und zum Nachteil der Bevölkerung. Sie müssen öffentlicher Kontrolle zugänglich sein
  • Die „Kultur der Straflosigkeit“ gibt ein falsches Signal. Korrupte Funktionäre müssen nicht nur versetzt oder entlassen, sondern vor Gericht gestellt werden
  • Die Korruptionsbekämpfung muss unabhängig von Staatsbehörden sein
  • Die Korruptionsbekämpfungs-Behörden und der Parlaments-Ausschuss haben hervorragende Aufklärungsarbeit geleistet

Business Times 19.12.14

Weihnachtsbotschaften der Kirchen

Viele Predigten bezogen sich auf den aktuellen IPTL-Skandal und die zahlreichen Versuche, seine Aufklärung zu verzögern oder zu verhindern. Der anglikanische Bischof von Sansibar forderte Präsident Kikwete auf, korruptes Verhalten nicht stillschweigend zu dulden, sondern rasch und konsequent alle Regierungsmitglieder zu entlassen, die bei Schiebung und Geldwäsche ertappt worden sind. Der Bischof der anglikanischen Zentraldiözese sagte, Präsident Kikwetes Umgang mit dem Skandal rufe Furcht bei den ohnehin hoffnungslosen Tansaniern hervor.

A. Malasusa, Leitender Bischof der Lutherischen Kirche, äußerte sich besorgt über die krasse Unverfrorenheit, mit der führende Politiker und Beamte Bestechungsgeld fordern. Während manche Familien sich kein Essen leisten könnten, brächten hochrangige Politiker Milliarden auf die Seite. Generell wurde hervorgehoben, dass die verbreitete Armut ursächlich mit der skrupellosen Habgier der Führungsschicht zusammenhänge. Der katholische Bischof von Mbeya forderte die jungen Leute auf, in den richtigen Parteien für Frieden, Toleranz und Gerechtigkeit zu arbeiten. „Schließt euch keiner Partei an, die Bestechung, Selbstsucht und Veruntreuung öffentlicher Gelder akzeptiert.“ Die sozialen und wirtschaftlichen Ziele des Landes würden verfehlt wegen Orientierungslosigkeit und Kurzsichtigkeit der Verantwortlichen.

Weiterhin wurden die Gläubigen aufgefordert, um Gottes Führung bei der Wahl im nächsten Jahr zu beten. - Eltern sollten engen Kontakt zu ihren Kindern halten und ihnen ihre Werte vermitteln. Sie dürften die Erziehung nicht allein den Hausmädchen überlassen. Eltern müssten unmoralisches Verhalten vor ihren Kindern vermeiden (z.B. Alkoholkonsum, Beleidigungen, Verprügeln der Ehefrau). Kinder müssten besser gegen Missbrauch geschützt werden.

Citizen 26.12.14; Guardian 26.12.14;