Presse-, Rede-, Informationsfreiheit - 07/2016

Aus Tansania Information
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Presse- / Medienfreiheit

Das „Tansanische Herausgeber-Forum“ empfahl, die Parlamentssitzungen wieder direkt zu übertragen, um die Informationsrechte der Öffentlichkeit und insbesondere der Presse nicht zu beschneiden. Journalisten hatten das Übertragungsverbot offen als Zensur bezeichnet. Man könne kaum darauf vertrauen, dass die vom parlamentarischen Dienst gestalteten Zusammenfassungen ausgewogen seien. Eine Umfrage von „Twaweza“ ergab, dass 92% der Befragten die Direktübertragungen wünschten. 42% verfolgten Parlamentsdebatten im Fernsehen, 60% im Radio.,

Bei einer Konferenz, die das Südafrikanische Medien-Institut in Mwanza veranstaltete, wurden auch die Gesetze zu Computerkriminalität, Statistik-Gebrauch, Mediendiensten und Zugang zu Informationen kritisch beleuchtet. Die kontroversen Gesetze wurden 2015 im Schnellverfahren beschlossen und wurden nach Meinung ihrer Kritiker eingesetzt, um Regierungsgegner zum Schweigen zu bringen.

Tansania rangiert im Presse-Freiheits-Index 2016 von „Reporter ohne Grenzen“ auf Rang 71 von 180 und damit in der Kategorie „deutliche Probleme“ (2015: Rang 75), immerhin noch vor Japan (72) und Italien (77). In Afrika nimmt TZ Platz 11, und in Ostafrika Platz 1 ein. Der RoG-Bericht findet es besonders bedenklich, dass in TZ keine Daten veröffentlicht werden dürfen, die die Regierung für „inakkurat“ hält und dass Journalisten mit Strafe bedroht werden, wenn sie Informationen publizieren, die „nicht im öffentlichen Interesse“ sind.

Citizen 01.,25.,31.05.16; DN 29.04.; 01.05.16; Guardian 22.04.; 16.05.; 16.06.16

Freie Meinungsäußerung / Missbrauch

Das Menschenrechts-Zentrum forderte die Regierung zum wiederholten Male auf, Passagen in den Gesetzen zu Computerverbrechen und Statistik-Verarbeitung zu überarbeiten, die Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit verletzen. Bisher sei das Computer-Gesetz zwar zur Unterdrückung von Regierungskritikern, aber kaum zur Verfolgung von Verbrechen angewandt worden.

Informationsminister N. Naupe beteuerte das Interesse der Regierung an Rede- und Meinungsfreiheit. Er versprach, die umstrittenen Gesetze im Licht der Kritik zu überprüfen und auch bei dem geplanten Gesetz zur Informations- und Kommunikationsfreiheit Kritikpunkte zu berücksichtigen. Außenminister Dr. A. Mahiga verteidigte das Gesetz gegen Computerkriminalität mit dem Kampf gegen Terror-Gruppen wie Al Shabaab, die sich modernster Informationstechnologie bedienten. Der Oberste Richter C. Othman erklärte vor Tansaniern in London, das Gesetz schütze die Mehrheit der Tansanier, vor allem Kinder, vor Betrug und sexuellem Missbrauch. Ein Regierungssprecher sagte, durch das Gesetz seien Hassbotschaften, pornographische Bilder und Veröffentlichung von Regierungsdokumenten stark zurückgegangen. Ein Mann aus Arusha wurde zu 3 Jahren Gefängnis oder TZS 7 Mill. Strafzahlung verurteilt, weil er in einer online-Gesprächsgruppe Präsident Magufuli im Vergleich mit J. Nyerere schlecht aussehen ließ.

Das Menschenrechts-Zentrum kritisierte scharf, dass in den sozialen Medien zunehmend Fotos und Filme von unbekleideten oder hilflosen Verbrechens- und Unfallopfern gezeigt werden. Bei Unfällen beeilten sich Viele, Fotos zu machen und online zu stellen, anstatt den Opfern zu helfen. Dies verletze Privatsphäre und Menschenwürde.

Die EU-Wahlbeobachtungs-Kommission legte in ihrem Abschluss-Bericht Empfehlungen vor, wie künftige Wahlen besser durchgeführt und das Wählervertrauen zunehmen kann:

  • Parteiunabhängige Kandidaten zulassen
  • Gerichtliche Überprüfung der Präsidentenwahl zulassen
  • Die Wahlkreise neu abgrenzen, um die Stimmengewichtung zu verbessern
  • Die Unabhängigkeit der Wahlkommissionen sicherstellen (bisher vom Präsidenten ernannt); ihre Entscheidungen sollten gerichtlich angefochten werden können
  • Die Sansibar-Wahlkommission sollte transparent machen, warum sie das letzte Wahlergebnis annuliert hat
  • Die Wählerlisten länger zur öffentlichen Kontrolle aushängen
  • Das Gesetz gegen Computerkriminalität revidieren, um Missbrauch zu unterbinden
  • Staatsfernsehen und -radio in unabhängige Sendeanstalten umwandeln
  • Die Regulierungsbehörde für Kommunikation regierungsunanbhängig gestalten

Citizen 18.05.; 07.06.16; DN 04.,16.05; 03.,05.,09.06..16; Guardian 14., 16.,18.05.; 03.,07.06.16

Parlamentarische Opposition

Während der Haushaltsdebatte erinnerten Oppositionsabgeordnete regelmäßig an das neue Direkt-Übertragungsverbot der Parlamentsdebatten und forderten die CCM auf, es zu revidieren. Sie sehen mit dem Übertragungsverbot die verfassungsmäßig garantierte Informationsfreiheit ausgehebelt. T. Lissu (Chadema) beklagte, dass die Regierung weiterhin Opposition und Pressefreiheit zu schwächen versuche. Dr. Magufulis Regierung verhalte sich, als sei Tansania immer noch ein Einparteien-Staat.

Informationsminister N. Naupe betonte, das Verbot sei nicht von der Regierung, sondern von der Parlamentsmehrheit ausgesprochen worden. Der Artikel 18 des Grundgesetzes zur freien Meinungsäußerung erwähne derartige Veröffentlichungen des Parlamentsgeschehens nicht. Die überwiegend ländliche Bevölkerung sei ohnehin nicht daran interessiert, wer was im Parlament gesagt habe. Der Verfassungsminister Dr. H. Mwakyembe bemühte als Begründung für die Sendebeschränkung „den Schutz des Ansehens Dritter“.

Die bisherigen etwa vierstündigen Fernseh-Übertragungen der Parlamentsdebatten waren so populär, dass der Informationsminister vermutete, Viele verfolgten die Sendungen während ihrer Arbeitszeit. Der CUF-Vorsitzende forderte Premier Majaliwa auf, sich zu entschuldigen. Dieser hatte in London gesagt, die Tansanier würden lieber Parlamentsdebatten verfolgen als arbeiten. Daher würden nur noch nachts Zusammenfassungen gesendet. Oppositionsabgeordnete nehmen nun ihre Reden mit dem Mobiltelefon auf, um ihre Beiträge unzensiert über soziale Internetmedien wie Facebook oder Instagram zu verbreiten.

Der Ethik-Ausschuss des Parlaments untersagte sieben Oppositionsabgeordneten, an den nächsten Sitzungen teilzunehmen. Sie hatten Anweisungen der stellvertretenden Parlamentspräsidentin Dr. T. Ackson zuwidergehandelt, um das aus ihrer Sicht verfassungswidrige Verbot der Direktübertragungen weiter zu diskutieren. Die Suspendierten wollen nun das Thema verstärkt in die Öffentlichkeit tragen. Sie vermuten, dass die Regierungspartei sie von der Haushaltsdebatte fern halten will.

Die Abgeordneten der Opposition boykottierten alle Sitzungen, die von Dr. Ackson geleitet wurden. Sie verließen zuletzt die Kammer mit Klebeband vor dem Mund, um zu demonstrieren, wie sie eingeschränkt würden. Ackson sei die schlimmste Feindin des Parlaments, verstehe sich als Vertreterin der Regierung und nicht des Volkes und wolle Kritik an der Regierung unterbinden. Tatsächlich waren Abgeordnete der regierenden CCM trotz schwerer verbaler Entgleisungen nicht suspendiert worden.

Auch das Menschenrechts-Zentrum LHRC verurteilte die einseitige Disziplinierung. Die Oppositionsparteien streben ein Misstrauensvotum gegen Ackson an. Diese forderte ihre Kritiker auf, ihre Anliegen im Geschäftsordnungs-Ausschuss vorzubringen. Ein einzelner CCM-Abgeordneter rief die beiden Lager auf, die feindselige Stimmung zu überwinden, um eine konstruktive Arbeit im Parlament zu ermöglichen. Jede Regierung brauche eine Opposition, um effektiv zu arbeiten.

Oppositionsabgeordnete beschwerten sich über Polizeibeamte, die korrupt seien und sich wie eine bewaffnete Einheit der CCM verhielten. Der Innenminister versicherte, dass Reformen im Gang seien, damit die Polizei den Tansaniern in rechtsstaatlichen Grenzen diene. Ein Abgeordneter bedauerte, dass die Regierung viel Geld für Tränengas und Wasserwerfer ausgebe, während die Polizei wegen Treibstoffmangels nicht einmal ihre alltäglichen Routinefahrten durchführen könne.

Nachdem mehrere Oppositionsparteien angekündigt hatten, auf öffentlichen Versammlungen gegen Magufulis Führungsstil zu protestieren, verbot die Polizei politische Versammlungen auf unbestimmte Zeit wegen „Gefahr zivilen Ungehorsams“. Die betroffenen Parteien klagen gegen das Verbot. Das Menschenrechtszentrum äußerte sich besorgt über „klare Anzeichen dafür, dass die Regierung die Demokratie im Land unterdrücken will“. In Dar-Es-Salaam untersagte die Polizei ein internes Treffen der ACT-Wazalendo. In Mwanza wurden Chadema-Funktionäre einer Befragung unterzogen und über das Verbot politischer Versammlungen belehrt.

Der Stadtteil-Bürgermeister von Kinondoni (DSM) verdächtigte die Staatsregierung, sie behindere absichtlich Projekte oppositionell regierter Gemeinden, um die Bevölkerung gegen das Oppositionsbündnis UKAWA aufzubringen. Seinem Stadtteil seien Entwicklungsgelder für eine Fluss-Sanierung und eine Berufsschule entgangen, weil beantragte Auslandsreisen nicht oder verspätet genehmigt wurden.

Der langjährige Vorsitzende der oppositionellen CUF (Civic United Front) Prof. I. Lipumba will den Parteivorsitz wieder übernehmen. Er war zurückgetreten, nachdem die Partei E. Lowassa als Präsidentschaftskandidaten aufgestellt hatte.

Citizen 01.,15.,21.,25.,31.05.; 03.,07.,11.,13.,14.,15., 19.06.16; DN 18.,23.05.16; Guardian 03.,06.,14.05.; 01.,02.,15.,21.06.16

Menschenrechte

Die beliebteste Internet-Plattform für soziale Medien „Jamii-Forums“ (www.jamiiforums.com) beantragte beim Revisionsgericht eine Verfügung gegen die Polizei, die das Forum zwingen will, die Namen von Informanten zu aktuellen Fällen von schwerer Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung preiszugeben. Jamii-Forums fordert, im Gesetz gegen Computerverbrechen die Artikel zu revidieren, die den Informantenschutz einschränken. Nur, wenn die Bürger ihre Beschwerden ungefährdet äußern könnten, könne Magufulis Kampf gegen die allgemeine Korruption Erfolg haben. Es falle auf, dass sich die Kriminalpolizei bisher nur für Lecks in Behörden interessiere, nicht aber für ebenfalls vorliegende Informationen zu kriminellen Angriffen auf Computer.

Justizminister H. Mwakyembe unterstrich, dass die Regierung den Nationalen Aktionsplan für Menschenrechte (finanziert vom UN-Entwicklungsprogramm) weiter durchführe. Bisher habe man Distrikt-Direktoren und Sekundarschullehrer für Menschenrechte sensibilisiert.

Der Minister teilte auf Anfrage mit, dass in den letzten fünf Jahren bei der staatlichen Menschenrechts-Kommission 13.707 Beschwerden eingegangen seien, von denen etwa 6.000 abgeschlossen wurden. Die häufigsten Beschwerden betrafen Landstreitigkeiten, Prügeln von Untersuchungshäftlingen, überlange Untersuchungshaft und Angriffe auf Frauen und Kinder. Mwakyembe versprach, den Fall sansibarischer islamischer Geistlicher, die seit drei Jahren ohne Verhandlung festgehalten werden, eingehend zu untersuchen.

Der Minister für Lokale Verwaltung räumte ein, dass die Hilfspolizisten von Städten und Distrikten die Bürger auf unerträgliche Weise belästigen und schikanieren. Die Regierung werde strenge Ausführungsbestimmungen erlassen, die Übergriffe verhindern.

Das Menschenrechtszentrum (LHRC) sieht die häufigen Grundrechtsverletzungen darin begründet, dass die meisten Bürger ihre Rechte überhaupt nicht kennen. Es moniert auch das Fortbestehen der Todesstrafe. 2015 wurden 452 Männer und 20 Frauen zum Tod verurteilt, jedoch nicht hingerichtet.

Tansania akzeptierte bei der letzten „Allgemeinen Periodischen Überprüfung“ (www.upr-info.org – dort detaillierte Statistik) des UN-Menschenrechtsrats in Genf 129 Empfehlungen und lehnte 25 Vorschläge ab. U.a. beschränkte sich Tansania auf „Kenntnisnahme“ bei folgenden Empfehlungen:

  • Gesetz gegen Gewalt durch Intimpartner
  • Verstärkte Maßnahmen zum Schutz von Menschen mit Albinismus und Minderheiten
  • Uneingeschränkte Grundrechte, besonders Meinungs- und Versammlungsfreiheit nach internationalen Standards; sowie unbehinderte Arbeit von Menschenrechts-Aktivisten
  • Verstärkte Maßnahmen gegen Obdachlosigkeit, besonders von Armen und alleinerziehenden Müttern
  • Arbeitsberechtigung und Bewegungsfreiheit für Flüchtlinge
  • Ratifizierung der Konventionen gegen Folter und erniedrigende Strafen; sowie für Rechte von Fremdarbeitern
  • Aufhebung der Kriminalisierung von Homosexualität

Tansania gab anderen, meist afrikanischen Staaten, 19 Empfehlungen zu Gesundheitswesen, Armutsbekämpfung und Menschenrechten.

Vizepräsidentin S. Hassan versicherte, dass Tansania so bald wie möglich die „Afrikanische Charta zu Demokratie, Wahlen und Staatsführung“ ratifizieren wird. Glaubwürdige Wahlen seien der Schlüssel zu Stabilität und Entwicklung.

Citizen 05.03.; 21.04.16; DN 03.06.16; Guardian 04.03.; 29.04.; 06.,17.,18.05.16