Schwerpunktthema Kinder in Tansania: Waisen und Strassenkinder - 10/2015

Aus Tansania Information
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Waisen

2,5 Mill. Kinder verloren ihre Eltern durch HIV/AIDS. In der Kagera-Region wurden 100.000 AIDS-Waisen erfasst, die Meisten von ihnen leben auf der Straße.

Beispiele für das kirchliche Engagement für Waisenkinder erlebten Frauen der Acacia Goldmine in Musoma, Mara-Region. Sie besuchten das von finnischen Missionar/innen betriebene „Musoma Children's Home“. Dieses beherbergt Kleinkinder von 0 bis 2 Jahren, die von ihren meist minderjährigen Müttern verlassen wurden. Seit 1991 überlebten mehrere hundert Kinder in diesem Heim. Das katholische „Jipe Moyo Centre“ („Fasse Mut“) in Musoma kümmert sich um etwa 50 Waisen im Grundschulalter. Es hat bisher etwa 1600 Kinder aus der Mara-Region aufgezogen und in ihre Herkunftsorte reintegriert. 2013 wurden in Tansania 250 Säuglinge von ihren häufig minderjährigen Müttern im Stich gelassen (Bericht des Legal and Human Rights Centre).

Im SOS-Kinderdorf in Mwanza trafen sich Waisen aus DSM, Mwanza, Arusha und Sansibar zu einem Workshop. Die Kinder (ab 12 Jahren) beklagten, dass die Not der Waisen von vielen Betreibern privater Kinderheime zur persönlichen Bereicherung missbraucht werde. „Wir wurden zu Gelddruck-Maschinen für die Eigentümer und zum Spenden-Eintreiben missbraucht“. Sie forderten die Regierung auf, solche Heime strenger zu kontrollieren. Die Spenden-Beauftragte des SOS-Kinderdorfs bestätigte, dass Spender durch Veruntreuungen entmutigt würden.

DN 08.08.14; 12.03.15; Guardian 12.10.; 26.12.14; 19.02.15

Straßenkinder

Es gibt keine verlässlichen Zahlen. 2014 gab die Wohlfahrtsbehörde die Zahl der Straßenkinder mit 437.500 an. 11.000 würden in Auffangzentren betreut, von denen 188 registriert sind. Das Ministerium für Gemeindeentwicklung, Geschlechterfragen und Kinder gibt die Zahl der Straßenkinder in Dar-Es-Salaam mit 5000 an . Alle Waisen würden im Dogodogo Zentrum (www.dogodogocentre.com/de – deutsch) oder dem SOS-Kinderdorf untergebracht. Parlamentsmitglieder forderten, die Regierung müsse sich mehr um das Problem kümmern.

Die Dodoma-Region meldet 71.000 Kinder, deren Eltern an AIDS gestorben oder geschieden sind. Weitere fliehen aus zerbrochenen Familien und versuchen, sich als Träger etwas Geld zu verdienen. Andere müssen Geld für die Eltern verdienen, die sich dem Alkoholkonsum hingeben; solche Kinder suchen oft ihr Heil auf der Straße. Die zuständige Ministerin meint, 60% der Straßenkinder flohen vor familiärer Gewalt. Die 28 Waisenhäuser der Region können die vielen gefährdeten Kinder nicht aufnehmen. Die Distriktschefin legt die zunehmenden Fälle von Raub, Diebstahl und Drogenmissbrauch u.a. den Straßenkindern zur Last. Viele von ihnen würden von ihren Eltern aus den Dörfern zum Betteln in die Stadt geschickt. Die Stadt Dodoma will sie daher in ihre Herkunftsorte zurückführen.

Auch in Sumbawanga fühlen sich die Behörden von der auf 6.872 angewachsenen Zahl der Straßenkinder überfordert. Der Stadtrat will versuchen mit schärferen Gesetzen gegen Eltern vorzugehen, die ihre Kinder im Stich lassen. Die Initiative „Tansanische Männer als gleichwertige Partner“ will verantwortliche Elternschaft fördern, destruktive kulturelle Traditionen bekämpfen und die reproduktive Gesundheit voranbringen.

Im Moshi-Distrikt will die Wohlfahrtsabteilung ebenfalls verantwortungslose Eltern zur Rechenschaft ziehen. Die Abteilungsleiterin führt die auf mehr als 800 angewachsene Zahl der Straßenkinder in erster Linie auf Alkohol- und Drogenkonsum der Eltern zurück, die ihre Kinder misshandelten und vernachlässigten.

Citizen 14.06.14; 18.02.15; DN 07.08.; 22.09.14; 08.04.15; Guardian 23.04.; 07.06.14; 16.05.15;

Hilfsmaßnahmen

Eine Abgeordnete forderte die Regierung auf, mehr für gefährdete Kinder zu tun. Der Gesundheitsminister erkannte den wichtigen Dienst von Kirchen und Nichtregierungs-Organisationen in diesem Bereich an und versprach „im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten“ zu helfen.

Deutsche Post-DHL und SOS-Kinderdörfer führen in 11 afrikanischen Ländern, darunter Tansania, ein „Go Teach Program“ durch. Dabei fungieren DHL-Mitarbeitende als Mentoren für Jugendliche, um sie mit den Anforderungen der Berufswelt vertraut zu machen. Berufsbegleitung, Praktika, sowie sportliche und Umweltaktivitäten vermitteln den jungen Leuten soziale und berufliche Kompetenzen.

Zur Zeit arbeiten in Tansania SOS-Kinderdörfer in Arusha, Dar-Es-Salaam, Mwanza und Sansibar. 2016 sollen weitere in Iringa und auf der Insel Pemba eröffnet werden. Schwerpunkt ist die Schulung Jugendlicher, damit sie selbständig eine handwerkliche Tätigkeit aufnehmen können.

Die katholische Tanga-Diözese führt ein Programm zur Frühförderung gefährdeter Kinder in Tanga durch. Für die 1002 erfassten besonders gefährdeten Kinder unter fünf Jahren wurden 10 kinderfreundliche öffentliche Plätze geschaffen, die von ausgebildeten Freiwilligen betreut werden. Die Kinder finden dort eine geschützte und geistig anregende Umgebung vor. Das Projekt wird vom Catholic Relief Service finanziert. Private Kindertagesstätten sind nur für Wohlhabende erschwinglich, denn ihre Gebühren sind höher als die von Sekundarschulen. - Alle Kirchen betreiben Heime und Programme für Waisen, behinderte und Straßenkinder, sowie allgemein- und berufsbildende Schulen.

Viele Einrichtungen für Straßenkinder werden aus dem Ausland finanziert. Geht diese Hilfe zurück, müssen sie schließen. So schlossen in DSM drei von vier Dogo Dogo Auffang-Zentren. Ein offenes Programm des Zentrums für Straßenkinder scheiterte an Ordnungsauflagen. Kinder, die in diesem Rahmen Windschutzscheiben putzten oder Stoff verkauften, wurden von der Polizei unter Berufung auf Kinderschutz-Vorschriften daran gehindert. Das Dogodogo-Zentrum betreibt weiterhin eine berufsbildende Schule, die für selbständige Handwerkertätigkeiten ausbildet. Seit 2003 schlossen hier 357 Schüler/innen eine Ausbildung ab.

Arusha Times 17.01.15; Business Times 24.07.15; DN 05.01.; 01.07.15; Guardian 14.06.15

Häufig verwendete Abkürzungen

DSM: Dar-Es-Salaam

NRO: Nichtregierungs-Organisation, Zivilgesellschaftliche Organisation;

TZ: Tansania

TZS: Tansania-Shilling (Zur Zeit entsprechen TZS 1000 € 0,40)