Schwerpunktthema Kriminalität II: Gewaltkriminalität - 04/2015

Aus Tansania Information
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Überfälle mit Feuerwaffen

Bei zwei nächtlichen Überfällen auf Polizeistationen in der Küstenregion wurden drei Polizisten getötet, zwei schwer verwundet und 15 Maschinenpistolen und Gewehre mit Munition, sowie Tränengas-Behälter geraubt. Vor einigen Monaten waren bereits in der Geita-Region bei einem ähnlichen Überfall zwei Beamte getötet worden. Insgesamt kamen in letzter Zeit sieben Polizist/innen bei derartigen Überfällen ums Leben.

Schwerbewaffnete Gangster raubten in Tanga Streifenpolizisten zwei Maschinenpistolen und Munition. Eine der Waffen wurde nach heftigem Schusswechsel von Polizei und Soldaten mit den Räubern in den Amboni-Höhlen bei Tanga sichergestellt. Dabei kam ein Soldat ums Leben, fünf Weitere wurden verwundet. Alle Gangster entkamen. Die Bevölkerung bringt die Räuber mit der somalischen Terrorgruppe Al Shabab in Verbindung, die Polizei hält sie für unabhängige Kriminelle. Ein selbsternannter Terroristenführer behauptete in einem Videoclip, die Aktionen seien die Rache für die Demütigungen, die militante Muslime in Polizeihaft erlitten hätten. Er stieß Drohungen gegen Polizei und Regierung aus.

Sechs bewaffnete Räuber sperrten in Dar-Es-Salaam eine Straße für 30 Minuten, um in aller Ruhe eine Bar und deren 50 Kunden auszurauben. Sie sammelten Geld in Millionenhöhe, Mobiltelefone und Schmuck ein. Wer kein Geld hatte, musste Froschhüpfen. Die Polizei traf erst 10 Minuten nach Verschwinden der Banditen ein, obwohl ihre Wache nur einen Kilometer vom Tatort entfernt liegt.

Arusha und Dar-Es-Salaam: Mehrere Bankkunden, darunter eine Nonne, wurden von Gangstern auf schnellen Motorrädern erschossen und beraubt, nachdem sie größere Summen abgehoben hatten. Die Polizei vermutet hinter diesen Verbrechen komplexe kriminelle Netzwerke, die Bankmitarbeiter und Polizisten einschließen könnten.

In Bukoba wurden 17 Verdächtige festgenommen, darunter ein bekannter Geschäftsmann, nachdem dort seit Ende 2014 mindestens 7 Menschen ermordet worden waren. Nachdem der lutherische Bischof die Mordserie verurteilt hatte, waren kürzlich zwei Kirchen angezündet worden. Der regionale Scheich verurteilte die Angriffe auf Kirchen.

Vizepräsident M. Bilal äußerte sich besorgt über die Verbreitung von Feuerwaffen in Tansania und der ostafrikanischen Seen-Region. Dies bedrohe Frieden und Sicherheit in der Region durch lokale Kriege, Terrorismus und Verbrechen und müsse durch gemeinsame Anstrengungen der ostafrikanischen Staaten unter Kontrolle gebracht werden. Die EAC-Staaten müssten den UN-Vertrag über Waffenhandel schnell ratifizieren (www.un.org/disarmament/ATT). Der Vizepräsident sprach bei einer Delegiertenversammlung der 15 RECSA-Staaten (Regional Centre on Small Arms in the Great Lakes Region, the Horn of Africa and Bordering States – www.recsasec.org/index. php/en) in DSM . Auch das RECSA hat mit dem Problem von Beitragsrückständen zu kämpfen (z.Zt. stehen $ 5,2 Mill. aus).

In der Mara-Region sind vor allem in den an den Serengeti-Nationalpark angrenzenden Distrikten Feuerwaffen weit verbreitet, die bei Clan-Streitigkeiten und Raubüberfällen, aber auch zum Erlegen von Elefanten verwendet werden. Daher wurde dort eine Polizei-Sonderzone eingerichtet. Die Polizei will nach und nach alle Häuser nach Waffen durchsuchen.

Citizen 30.05.; 20.09.14; Citizen 02.11.14; 22.,23.01.; 18.02.; 16.03.15; DN 30.05.14; 20.03.15; Guardian 09.,30.05.14;

Menschen mit Albinismus getötet

Seit 2000 wurden mindestens 76 Albinos getötet, 34 verloren einzelne Glieder und 15 Verstorbenen wurden Körperteile entnommen. Es gilt als sicher, dass hinter den Untaten „Zauberdoktoren“ stecken, die ihren Kunden Reichtum und Wahlerfolg versprechen, wenn sie Albino-Körperteile beschaffen. Diese verarbeiteten sie dann mit Pflanzen, Wurzeln und Meerwasser zu „Medizin“. Die „Vereinigung traditioneller Heiler“ verurteilte die Morde. Eine Zeitung in Malawi berichtete, Tansanier betrieben auch dort Handel mit Albino-Körperteilen. Auch aus Burundi werden zunehmend Angriffe auf Menschen mit Albinismus gemeldet, vor allem auf Kinder.

Nach beträchtlicher internationaler Aufmerksamkeit für Tötungen von Albinos in Tansania ergriff die Regierung verstärkt Maßnahmen zum Schutz dieser Minderheit. Präsident Kikwete versicherte, Auftraggeber, Beschaffer, Käufer und Verkäufer von Albino-Gliedern würden konsequent verfolgt. Alle traditionellen Heiler müssen sich registrieren lassen. Journalisten sollen die Öffentlichkeit aufklären, dass Albinos normale Menschen ohne übernatürliche Kräfte sind. Polizeidetektive nahmen in Geita 32 Verdächtige fest, bei denen sie sich als Politiker und Geschäftsleute auf der Suche nach Erfolgsrezepten ausgegeben hatten.

Bei Razzien in den Regionen Mwanza, Tabora, Geita, Mara, Shinyanga und Rukwa wurden 225 traditionelle Heiler vorübergehend festgenommen. Bisher wurden im Zusammenhang mit Albino-Morden 15 Personen verurteilt. 73 Verdächtige wurden wegen Mangels an Beweisen freigelassen. Zur Zeit sind 34 einschlägige Verfahren beim Obersten Gericht anhängig.

Im Muleba-Distrikt (Kagera) wurden zwei Männer verhaftet, die versucht hatten, Gebeine einer 2006 verstorbenen Albino-Frau für TZS 3 Mill. zu verkaufen. Kürzlich wurden vier Männer in Geita zum Tod verurteilt, weil sie 2008 eine 32-jährige Albino-Frau getötet hatten, darunter der Ehemann des Opfers. Nur einen Tag später hackten in der Rukwa-Region unbekannte Täter einem 6-Jährigen die rechte Hand ab. In diesem Zusammenhang wurden 17 Personen, darunter der Vater des Kindes, verhaftet. In Arusha wurde ein 11-jähriges hellhäutiges Mädchen getötet und verstümmelt. Zwei in der Mwanza-Region entführte Albino-Kleinkinder wurden trotz intensiver Suche bisher nicht aufgefunden. Fünf Verdächtige sitzen in Untersuchungshaft.

Der Oberste Richter wies alle Gerichte an, Fälle mit Angriffen auf Albinos beschleunigt zu erledigen. Der Vorsitzende der Tansanischen Albinismus-Gesellschaft forderte, alle wegen Verbrechen an Albinos Verurteilten sollten zur Abschreckung sofort gehängt werden. Seit 1994 wurden in Tansania Todesurteile nicht mehr vollstreckt.

60 Kirchenführer des „Vereinigten Christenrates“ aus Europa, Afrika und Asien zeigten sich bei einer Konferenz in Bukoba besorgt über die Tötung von Albinos und alten Menschen. Sie wollen gemeinsame Aktionen mit Regierungsorganen ausarbeiten, um die Bevölkerung aufzuklären.

Tansanische Filmdarsteller kündigten bei einer Veranstaltung der Organisation „Under the Same Sun“ an, einen Aufklärungsfilm zum Schutz von Menschen mit Albinismus zu drehen.

Die Leitung der Geita Goldmine will die Arbeit von Menschenrechtsgruppen fördern und mit dörflichen Führungspersonen zusammenarbeiten, um abergläubischen Vorstellungen entgegenzuwirken.

Das Buhangijo-Zentrum für Albino-Kinder in Shinyanga musste seit Dezember 35 neue Kinder aufnehmen. Mit 215 Kindern ist es stark überbelegt. Die Nahrung ist knapp; drei Kinder müssen ein Bett teilen. Einige Eltern geben ihre Kinder einfach ab und kümmern sich nicht mehr um sie.

Citizen 04.,06.,09.,12.03.15; DN 02.,04.,06.,12.,17.,24.03.15; Deutsche Welle 06.03.15; Guardian 26.,28.02.; 01.,09.,12., 14.,18.,25.03.15;

Lynchjustiz

Nach Zählung des Menschenrechtszentrums (LHRC) kamen 2012 1234, 2013 1669 Personen durch Selbst- oder Lynchjustiz ums Leben, die Meisten in der Region DSM (240), gefolgt von Mwanza (195). Die meisten Opfer wurden der Zauberei verdächtigt oder bei Raub bzw. Diebstahl ertappt. Der Staatsminister für gute Regierungsführung bedauerte, dass durch solche Akte der Selbstjustiz das Ansehen Tansanias Schaden nehme. Sie dürften nicht als verständliche Reaktionen „erzürnter Bürger“ verharmlost werden.

DN 18.12.13; 09.04.14; Guardian 17.,24.04.14