Tötung von Albinos: Vorgänge, Ursache, Vorwürfe, Aktivitäten - 05/2008

Aus Tansania Information
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Im Tarime-Distrikt (Mara-Region) verhaftete die Polizei zwei Personen wegen der Ermordung einer 22-jährigen Albino-Frau. Sie hatten ihre Beine abgetrennt und sich mit diesen aus dem Staub gemacht. (DN 10.3.08)

Aus dem Ukerewe-Distrikt (Mwanza-Region) wird von drei Vorgängen berichtet, bei denen Albinos aus dem Grab geholt wurden, Unbekannte Körperteile abtrennten und mitnahmen. In der Mwanza-Region allein wurden seit letztem Jahr neun Albinos getötet. (Guardian 11.4.08)

In der Küstenregion wurde einem Albino-Jungen die Aufnahme in die Primarschule verweigert. Aktivisten, die für die Rechte der Albinos eintreten, erreichten endlich, dass der Junge eine Schule in Dar besuchen kann. Er kommt gut voran. Damit er an die Tafel schauen kann, sitzt er vorne. Das ist allgemeine Praxis. (Nipashe 11.4.08)

Der Verband der behinderten Studierenden der Universität von Dar-es-Salaam (DUAH) warf der Regierung vor, sie unternehme nichts gegen die Tötung von Albinos, untersuche nicht, was die Ursache sei. Genauso entschieden wie sie vor FGM warne, solle sie gegen die Tötung von Albinos vorgehen. (Guardian 27.2.08)

Eine zur Unterstützung der Albinos gegründete NGO verurteilte die durch Glauben an Zauberei verursachten Tötungen von Albinos im Gebiet des Viktoriasees, vor allem in den Regionen Mwanza und Shinyanga. Seit letztem Jahr wurden mindestens elf Albinos, unter ihnen ein Kind, umgebracht. Man nimmt an, die Mörder hätten sein Blut und Körperteile mitgenommen. Für solche werde ein hoher Preis bezahlt. Es heißt, Zauberer steckten hinter diesen Morden. Sie verwendeten Albino-Körperteile für Zaubertränke, die angeblich Menschen reich machen. (Guardian 5.3.08)

Die britische NGO Action on Disability and Development (ADD) riet der Regierung, die Tötung von Albinos zur nationalen Katastrophe zu erklären. Sie handle viel zu langsam. 2006 allein starben 25 Albinos unter mysteriösen Umständen. "2004 unterzeichnete Tansania eine Vereinbarung zum Schutz behinderter Menschen, aber bis heute zögert sie, es zu ratifizieren", sagte der ADD-Direktor. Vor allem in Fischfang- und Bergwerksgebieten würden solche Morde immer öfter begangen. (Guardian 10.3.08)

Der Tansanische Behindertenverband verurteilte die wahllose Tötung von Albinos und forderte Maßnahmen gegen dieses Verbrechen. Sperrt man die Verbrecher nicht ein, werde die Lage immer schlimmer, sagte der Exekutivdirektor der Organisation. (DN 19.3.08)

Die Verwaltung der Mwanza-Region hielt unter dem Vorsitz des Regional Commissioner (RC) ein Symposium zum Thema Tötung von Alten und Albinos. Dieses Problem ist im Gebiet am Viktoriasee besonders groß. Man verabschiedete eine Erklärung zu Möglichkeiten, gegen diese Morde vorzugehen. Es heißt, es gehe um Körperteile der Albinos, die vor allem im Bergbau zu Reichtum verhelfen könnten. Deshalb lebten die Albinos in großer Unsicherheit.

Der Polizeikommandant der Mwanza-Region berichtete, in einer Sonderaktion seien 172 Personen, unter ihnen 71 traditionelle Heiler, verhaftet worden wegen Tötungen aufgrund von Aberglauben. Betroffen waren neben Alten vor allem Albinos. Der Polizeikommandant forderte die Bevölkerung auf, zusammen mit der Polizei Wahrsager und diejenigen, die die Morde ausführen, anzuzeigen. Im Nov. 07 verurteilten Albinos bei einer Demonstration diese Morde. Der RC hatte ihnen davon abgeraten, denn die Regierung gebe sich Mühe, ihre Sicherheit zu garantieren.

Bei Gesprächen mit Entwicklungsgruppen schlug der CCM-Vorsitzende der Region vor, die traditionellen Milizen, Sungusungu genannt, wiederzubeleben; sie hätten Gutes geleistet. Der Sekretär der Association of Traditional Healers sagte, man müsse der Regierung vorwerfen, dass sie wahllos falschen traditionellen Heilern eine Lizenz austellte. Mit der gleichen Energie, mit der man das Hautabziehen in der Mbeya-Region gestoppt habe, müsse man nun dem Töten von Albinos entgegentreten. Die Albinos dürften nicht zum Ziel von 'Goldspinnern' werden. (Guardian 19.3.08; Nipashe 11.4.08; Msema Kweli 9.3.08)

Die Verwaltung der Rukwa-Region lud verschiedene Entwicklungsgruppen zu Gesprächen ein, um Strategien zu entwerfen für den Schutz der Albinos und für die Bestrafung all jener, die sich an den Gräueltaten beteiligten. Um sie dingfest zu machen, sollten die Sicherheitskomitees der Dörfer eng mit der Polizei zusammenarbeiten. Man beschloss, die Albinos unter allen Umständen zu beschützen, sie deshalb samt Adresse zu registrieren. Einer der Teilnehmer sagte, die Hirten des Sukuma-Volkes, die Anfang der 80er Jahre aus der Shinyanga-Region einwanderten, stünden hinter den Morden an Alten und Albinos. Sie holten sich gerne Rat von traditionellen Wahrsagern. Bei den Hirten fehle die Gottesfurcht, sagte ein kath. Priester. (Guardian 19.3.08)

Präsident Kikwete wies die Polizei an, gegen alle vorzugehen, die sich an der Tötung von Albinos beteiligten. In seiner Monatsansprache sagte er, um die Albinos schützen zu können, werde die Regierung zusammen mit der Albino Association of Tanzania feststellen, wo diese wohnten. Es sei traurig, dass im letzten Jahr 19 Albinos getötet wurden. (DN 3.4.08).

Menschenrechtsaktivisten schlugen vor, eine Sonderabteilung solle die Tötung von Albinos untersuchen. Das Problem sei größer, als man allgemein denke. Die meisten traditionellen Heiler hätten wenig Bildung, aber sogar hochrangige Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes unterstützten sie. Auch viele Jugendliche beschäftigten sich mit dem Glauben an Zauberei. (Guardian 5..4.08)

Aichi Joachim Ngure, Sekretärin der Albino-Gesellschaft und angesehene Geschäftsfrau, erlebte als 10-Jährige, wie Albino-Kinder getötet wurden. Sie berichtete, früher, "als die meisten Kinder zu Hause geboren wurden, war es üblich, Albinos gleich nach der Geburt zu töten", denn man hielt sie für ein schlechtes Omen. Auf dem Land würden viele Albinos diskriminiert. Oft seien sie Opfer abergläubischer nach Reichtum strebender Menschen. Sie begegne keinem Albino, ohne dass sie frage, "wie es geht, wo er oder sie lebt, ob es ein Problem gibt, um das man sich kümmern muss. Natürlich gebe ich ihnen eine Hautcreme und rate ihnen, langärmelige Kleidung zu tragen." Sie organisierte Untersuchungen, die das Leben Tausender Albinos sehr veränderte. Keines ihrer fünf Kinder ist ein Albino. (Observer 13.4.08)

Kommentare: Immer häufiger werden Albinos in Zusammenhang mit Zauberei getötet. Wir meinen, die Regierung unternimmt nicht genug, um sie zu schützen. Doch man sollte diese Aufgabe nicht der Regierung allein überlassen... Ursache der ganzen Tragödie ist, dass die Menschen rasch reich werden wollen. Sie glauben, wenn sie Zaubermittel aus Körperteilen von Albinos verwenden, kämen sie leicht zu Reichtum. Wir rufen auch die führenden Leute der Religionsgemeinschaften auf, ihre Gläubigen aufzuklären. Gemeinsam soll-ten wir uns wehren, denn demnächst könnten andere Gruppen betroffen sein, bis sich niemand mehr sicher fühlen kann. In vielen afrikanischen Gesellschaften werden Albinos getötet, ausgesetzt oder als rituelles Opfer dargebracht, gemieden und gefürchtet, weil man sie für Produkte von Zauberei hält. 'Geschälte Kartoffel', 'Affe' oder 'Geist' nennt man sie. Viele müssen zu Hause bleiben, sie lernen nichts, weil ihre Eltern glauben, sie würden jung sterben, Schulbildung lohne sich nicht. Wirtschaftlich gesehen leben die meisten auf unterster Stufe. (Guardian 29.2.08; Observer 20.4.08)