Thema: Frauen und Männer: Frauengesundheit - 04/2016

Aus Tansania Information
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Mütter-, Kindersterblichkeit

Trotz eines leichten Rückgangs hat Tansania immer noch mit die höchste Müttersterblichkeit weltweit mit 454 Todesfällen je 100.000 Lebendgeburten. Das entspricht 8.500 Todesfällen jährlich. Als Ursachen werden genannt: Genitalverstümmelung, Teenager-Schwangerschaften, illegale Abtreibungen, mangelhafte Ausstattung der Krankenhäuser und nachlässiges medizinisches Personal. Nur 38% der Mütter entbinden in medizinischen Einrichtungen, was u.a. auf deren schlechten Ruf zurückgeht, besonders in den ländlichen Gebieten.

Das Gesundheitszentrum des Mpanda-Distrikts meldet z.B. einen gravierenden Mangel an Medikamenten und Reagenzien. Das Ultraschallgerät sei außer Betrieb. Daher verwendeten 90% der Gebärenden traditionelle Medikamente, was die Müttersterblichkeit in die Höhe trieb.

In einzelnen Gebieten zeigen Schwerpunktprogramme, dass Verbesserungen erreichbar sind: Nach fünfjähriger Arbeit des MAISHA-Projekts (USA-finanziert) sank die Müttersterblichkeit in der Kilimanjaro-Region auf 109 / 100.000 Geburten (2014). In den Regionen Küste, Morogoro und Kigoma trainierte die „World Lung Foundation“ das medizinische Personal für geburtshilfliche Notfälle und erreichte einen Rückgang der Müttersterblichkeit um 18%. Auch auf Sansibar gab es Fortschritte, vor allem in den einfachen Krankenstationen (Dispensaries).

Die Organisation „Wazazi nipendeni“ (Eltern, liebt mich) betreibt einen erfolgreichen Kurznachrichten-Dienst über Mobiltelefone. Schwangere und Mütter erhalten darüber regelmäßig Hinweise zu Ernährung, Hygiene und Erziehung. DN 22.05.14; 24.03.; 09,07.15; 02.,03.03.16; Thomson Reuters Foundation 29.07.15

Geburtenplanung

Die Direktorin des Un-Bevölkerungsfonds (UNFPA) begrüßte die Anstrengungen Tansanias, besonders Mädchen und Frauen Informationen und Zugänge zur Empfängniskontrolle zu eröffnen. Der 3. Bericht zum Familienplanung-2020-Programm zeige, dass seit 2012 664.000 weitere Frauen moderne Methoden anwendeten. Für eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung sei entscheidend, dass Frauen ihr Fortpflanzungsverhalten selbst bestimmen könnten.

Wichtige Informationen erhielten Mädchen über Schulunterricht, Klubs zur Reproduktionsgesundheit, Aufklärung in Gesundheitseinrichtungen und neuerdings SMS-Botschaften im Abonnement. Die Aufklärungskampagne „Grüner Stern“ soll in den Regionen Singida, Katavi und DSM weitergeführt werden. Laut Gesundheitsministerium hat sie bereits in den Regionen Mwanza, Shinyanga, Geita, Simiyu und Mara gute Ergebnisse erbracht. Die australische Regierung fördert in 10 Regionen NRO-Programme für Familienplanung, Impfungen und Hygiene-Erziehung.

Dagegen schlugen Versuche fehl, in der Kagera-Region Kondome für Frauen einzuführen. Sie sollten vor allem vor HIV-Infektion schützen. Die kulturellen Barrieren scheinen dafür noch zu hoch zu sein. Geschäftsleute entnahmen außerdem die eingebauten Ringe und verkauften sie als Schmuck. Afrikaweit wird z. Zt. zur AIDS-Verhütung ein Vaginalring erprobt, der nach und nach das antiretrovirale Mittel Dapirivin freigibt. In der Kagera-Region infizieren sich Frauen etwa doppelt so häufig wie Männer mit dem HI-Virus.

In der Kilimanjaro-Region wenden erst 18% der Ehepaare moderne Verhütungsmethoden an. Viele glauben, dass diese Krebs, Missbildungen oder Fehlgeburten verursachen. DN 06.03.15; East African 09.05.15; Guardian 23.05.; 18.06.; 29.11.15

Abtreibung

Wegen unzureichender Verhütung sehen sich viele, vor allem jüngere, Frauen zu Abtreibungen veranlasst, die oft zu Komplikationen führen. Einer Studie von 2013 zufolge sind 40% aller Schwangerschaften unerwünscht. Unter 15- bis 24-Jährigen, die abgetrieben hatten, hatten sich 33% an Fach-Unkundige gewandt. Auch Ärzte und sonstiges Personal an staatlichen Krankenhäusern sollen häufig gegen Bestechung unerlaubte Abtreibungen durchführen. In TZ ist Schwangerschaftsabbruch außer bei Lebensgefahr für die werdende Mutter verboten, wird aber de facto nicht verfolgt. Für 2013 wurden 405.000 Abtreibungen festgestellt; die meisten im Seengebiet, die wenigsten auf Sansibar. Premier Majaliwa warnte alle Mediziner vor ungesetzlichen Handlungen. Allerdings dürfte eine echte Kontrolle kaum durchzuführen sein. Studien zufolge haben 60% der Frauen, die wegen Geburtskomplikationen ein Krankenhaus aufsuchen, in Wahrheit eine Abtreibung hinter sich. Mit zeitgemäßer Geburtenplanung könnte ein Drittel der Müttersterblichkeit vermieden werden.

DN 01.04.16; Guardian 14.01.16;Thomson Reuters 27.04.15

Alkoholmissbrauch

Die Marie Stopes Klinik in Arusha warnte Frauen, vor allem Schwangere, vor exzessivem Alkoholkonsum. Das „Fötale Alkoholsyndrom“ (Missbildungen an Gehirn, Gesicht, Gliedern und am Herzen) nehme erkennbar zu. Viele Frauen besuchten täglich Bars und führten dann Schwangerschafts-Komplikationen auf Gottes Willen zurück. In der Region werden jährlich über 100 Mill. Liter Bier konsumiert; hinzu kommen selbstgebraute Alkoholika. Nach einer Umfrage der Tansanischen Medienfrauen ist verbreiteter Alkoholkonsum der Männer Hauptursache geschlechterbedingter Gewalt. 48% der Befragten konsumieren regelmäßig alkoholische Getränke. Das Verkaufsverbot für Alkoholika vor 14 Uhr wird weitgehend ignoriert. 80% der Alkoholabhängigen in DSM haben höhere Bildung.

Arusha Times 28.01.15; DN 09.03.; 08.10.15; Guardian 08.10.15

Fistula

Jedes Jahr erleiden etwa 3.000 Frauen eine schwere Schädigung des Geburtskanals, die tödlich endet, oder dauernde Inkontinenz mit schweren psychischen und sozialen Folgen verursacht. Besonders häufig tritt die obstetrische Fistula bei sehr jungen Gebärenden und bei fehlenden geburtshilflichen Kenntnissen auf. Besonders betroffen sind die Regionen Dodoma, Lindi, Mara, Shinyanga, Tabora und Morogoro, wo Kinderschwangerschaften bis zu zehnmal häufiger sind als in entwickelteren Regionen. Ein konsequentes Verbot von Frühehen würde daher schon viele Fistulafälle ausschließen.

Regulär können im Land bis zu 1.200 Fälle operativ behandelt werden. Die „Gemeindliche Rehabilitierung“ (CCBRT) bemüht sich um Aufklärung und Hilfe für Betroffene. Viele führen das Leiden auf Verhexung oder exzessive Sexualität zurück. Mit Hilfe der Vodacom-Stiftung hat CCBRT mehr als 500 Multiplikatoren ausgebildet, die betroffene Frauen zur Behandlung motivieren. Sie können sich an eine kostenfreie Kontaktnummer wenden und erhalten auch das Reisegeld per telefonische Überweisung. 2014 wurden in einem Sonderprogramm 21.605 Frauen mit Fistula operiert. Mit Hilfe von AMREF International wurden 27 Spezialisten ausgebildet.

Citizen 10.05.; 20.12.14; Deutsche Welle 09.06.14; DN 25.05.15; Guardian 19.05.14; 14.02.15

Zivilgesellschaftliche Organisationen

Einige Organisationen, die sich in Tansania um Aufklärung und Hilfen zur Sexualität bemühen: