Thema: Gesundheitswesen I: Krankheiten und ihre Bekämpfung: Reproduktions-Gesundheit - 05/2016

Aus Tansania Information
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Mütter-Gesundheit

Tansania gehört zu den Ländern mit der höchsten Mütter-Sterblichkeit: 2015 wurden 578 Todesfälle auf 100.000 Lebendgeburten angegeben [s. auch TI April 2016, S. 6]. Trotz eines nationalen Programmes und vieler einschlägiger NROs stiegen die Zahlen während der vergangenen Jahrzehnte (so regionale Studien; für die letzten Jahre gibt das Gesundheitsministerium aber einen Rückgang von 60% an). Der regional festgestellte Anstieg der Müttersterblichkeit könnte allerdings auch auf verbesserte Erfassungsmethoden, ältere Mütter und Vorbelastungen wie Fettleibigkeit, Bluthochdruck und Diabetes zurückgehen. Zunächst will man bei vorhersehbaren Problemen ansetzen, wie starker Blutverlust, Prä/Eklampsie und Embolien. Eine Schlüsselrolle dürfte einer verbreiteten Akzeptanz von Familienplanung zukommen.

Die Gesundheitsministerin wies alle Chefs der regionalen Gesundheitsämter an, einen detaillierten Plan vorzulegen, wie sie die Müttersterblichkeit in ihrer Region senken wollen. Sie müssen nun für jedes Vierteljahr statistische Zahlen dazu vorlegen. So sollen verlässliche Zahlen erarbeitet werden.

Geburtskomplikationen und Fistula treten besonders in rückständigen ländlichen Gebieten auf [vgl. TI April 2016, S. 7]. Frühschwangerschaften ab 15 Jahren sind dort sechs mal häufiger als in städtischen Regionen, Teenager-Schwangerschaften sogar 10 mal. Die Tansanische AIDS-Kommission stellte eine deutliche Korrelation von sexueller Gewalt und Fistula-Häufigkeit fest.

Eine Studie der Katholischen Universität Bugando (CUHAS) kommt zu dem Ergebnis, dass die seit 2014 durchgeführten Impfungen gegen Röteln mit Kosten von $ 29 Mill. nur bedingt erfolgreich sind. Sie seien ab 15 Jahren verabreicht worden. Die Altersgrenze sollte jedoch bei 9 Jahren liegen. Bei erwachsenen Frauen solle vor der Impfung eine Antikörper-Bestimmung vorgenommen werden. Sansibar führt derzeit eine Röteln/Masern-Impfung durch. Man hofft, 95% der Unter-15-Jährigen zu erreichen.

Am Muhimbili Uni-Krankenhaus in DSM werden immer mehr Kaiserschnitt-Entbindungen durchgeführt: 1999: 21%, 2006: 32%, 2012: 49%. Die WHO hält zwischen 5 und 15% für normal. Gründe für den Anstieg seien: Angst vor Prozessen, Wünsche der Mütter, allzu viele Überweisungen. Viele unzureichend ausgestatteten Kliniken überweisen auch minder schwere Fälle, weil es an geburtshilflichen Geräten, Medikamenten und Blutkonserven mangelt.

Die frühere Miss Tanzania H. Magese gründete eine Stiftung zur Erforschung und Behandlung der Endometriose, an der etwa 6% der Frauen leiden.

Empfängniskontrolle - Abtreibung

Auf dem Tanganyikasee arbeitet ein Hospitalschiff (Lake Tanganyika Floating Health Clinic), finanziert von Hivos International. Die Bevölkerung der Rukwa-Region soll auf diesem Weg Aufklärung über Sexualität, Familienplanung und Geburtshilfe erhalten. Da Mädchen oft sehr jung verheiratet werden, leiden Viele unter Fistula. Bis zu 25% der Kinder sterben vor ihrem 5. Geburtstag. Hintergrund ist die traditionelle Meinung, dass viele Kinder einer Familie Prestige und Reichtum bringen.

Die „Tansanische Koalition für Demografisches Bewusstsein und Handeln“ bedauerte, dass tansanische Frauen in sehr unterschiedlichem Maß Zugang zu empfängnis-steuernden Mitteln habe. Während es in der Mara-Region nur 9,6% aller Frauen sind, nehmen in der Kilimanjaro-Region bereits 50,3% solche Optionen wahr. Die Koalition drängte die Regierung, Familienplanung bewusst in die Planungen für Wirtschaftswachstum und Armutsbekämpfung zu integrieren. Dazu sei eine umfassende Sexualerziehung in Schulen erforderlich.

Die Regierung sieht vor, dass bis 2020 60% aller gebärfähigen Frauen zu allen Methoden der Familienplanung Zugang haben. Dadurch ließe sich die Müttersterblichkeit um 25 bis 40% senken. Um ein ungebremstes Bevölkerungswachstum zu vermeiden, müssten für Sexual-Bildung mindestens TZS 6 Mrd. jährlich aufgewendet werden. Der Regionalchef der Geita-Region wies darauf hin, dass viele Familien ihre zahlreichen Kinder nicht ernähren können und sie deshalb zu gefährlichen Bergbau-Arbeiten anhalten.

Eine Studie des „Instituts für Medizinische Forschung“ (NIMR) ergab, dass in Tansania 36 Schwangerschaften auf 1000 gebärfähige Frauen abgebrochen werden, also mehr als 400.000 jährlich (Äthiopien: 23; Kenia: 48). Die niedrigste Rate hat Sansibar (10,7 / 1000 Frauen), die höchste die Seenregion (51 / 1000 Frauen). Die allermeisten Schwangerschaftsabbrüche finden unter unhygienischen und riskanten Umständen statt. Wegen der Gesetzeslage [vgl. TI S. 6 f] sind die tansanischen Kliniken nur unzureichend darauf eingestellt, Abtreibungskomplikationen zu behandeln. Premier Majaliwa warnte Ärzte, die illegal Schwangerschaften abbrechen, vor juristischen Konsequenzen.

DN 26.04.; 17.07.; 13.10.15; 07.01.; 14.,22.04.16; Guardian 14.02.; 24.04.; 19.11.15; 03.,07.,10.,27.04.16; Thomson-Reuters 08.01.16

Kindergesundheit

Die Sterblichkeit der Kinder unter 5 Jahren fiel von 166/1000 Geburten (1990) auf 54 (2012). Die Sterblichkeit Neugeborener ging wesentlich langsamer zurück: von 43/1000 (1990) auf 21/1000 (2012). Jährlich werden 213.000 Kinder vorzeitig geboren, von denen 9.000 sterben.

Die Arusha-Region führt seit 2014 erfolgreich das Programm „Helft Neugeborenen atmen“ durch. Durch Schulung des medizinischen Personals und Bereitstellen von Hilfsmitteln sank die Sterblichkeit unter Neugeborenen deutlich.

Das IHI entwickelte eine einfache Methode, Untergewicht bei Neugeborenen zuverlässig zu erfassen: Mit einer Schablone misst man die Länge eines Fußes; weniger als 8 cm bedeuten, dass medizinische Hilfe notwendig ist.

Das Muhimbili-Krankenhaus führte erfolgreich die „Känguru-Methode“ (Kangaroo Mother Care – KMC) ein. Frühgeborene ab 750 Gramm werden nicht mehr in Inkubatoren gewärmt und gepflegt. Statt dessen lernen die Mütter, unter Beachtung hygienischer Vorkehrungen ständigen Hautkontakt mit ihren Kindern zu halten und sie ausschließlich mit Muttermilch zu ernähren. Mit 1,6 kg Gewicht können die Kinder entlassen werden. Mit der KMC-Methode erreichte man eine höhere Überlebensrate, kürzere Verweildauer in der Klinik und eine drastische Senkung der Kosten. Sie setzt allerdings voraus, dass Mütter und Pflegepersonal hoch motiviert sind.

Citizen 18.01.15; DN 04.05.14; 10.03.16; Guardian 16.,18.01.15