Thema: Kultur und Gesellschaft: Musik – Darstellende Kunst - 04/2017

Aus Tansania Information
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Folklore - Unterhaltung

Das bekannte Musik-Festival „Sauti za Busara“ findet alljährlich im Februar in der Stone Town, Sansibar statt. 2016 musste es jedoch wegen finanzieller Schwierigkeiten ausfallen. Der Ticketverkauf deckt nur 30% der Kosten, öffentliche Gelder gab es keine, obwohl das Festival Devisen generiert, und Brauereiwerbung wird auf Sansibar auf öffentlichem Gelände nicht geduldet. 2017 konnte das viertägige Festival unter dem Motto „Africa United“ wieder stattfinden. 25 westafrikanische und 15 weitere afrikanische Bands, sowie mehr als 400 Musiker nahmen teil. Im Unterschied zu vielen Konzerten in TZ wird hier ausschließlich live-Musik geboten. Etwa 6.000 Besucher, allerdings relativ wenige Einheimische, ließen sich an drei Bühnen begeistern. Die Veranstalter bieten ein breites Spektrum unterschiedlicher Musikstile, vor allem solche, die in den Medien weniger präsent sind; 2017 bildete Reggae einen Schwerpunkt, während das in TZ beliebte Bongo Flava nicht vertreten war. Das Festival wird daher gern von Talentsuchern besucht. Das Busara-Festival bringt Sansibar etwa $ 7 Mill. ein.

Zum 15. Mal fand 2016 die Bongo Flava Fiesta statt. Im Rahmen einer dreimonatigen Tour durch das ganze Land präsentiert die Show internationale und aufstrebende lokale Sänger/innen in 14 Städten von Mwanza bis Dar-Es-Salaam. Auf Anregung des Kulturministeriums werden auch traditionelle Darbietungen eingeschlossen.

Der tansanische Musikstil Bongo Flava erfreut sich auch in Kenia großer Beliebtheit. Stolz wurde berichtet, dass Vdeos dieser Musik am häufigsten über YouTube abgerufen worden seien. Bongo Flava nimmt Elemente von Hip Hop und Rhythm n Blues auf und wurde in den frühen Jahren ab 2000 zunächst als vulgär und wenig authentisch empfunden. Inzwischen genießen aber Sänger wie Diamond und V. Mdee internationales Ansehen. Ersterer trat kürzlich in Belgien, Deutschland und Skandinavien auf. Allerdings wurde dort das in Tansania häufige playback-Verfahren übel vermerkt.

Ein Kritiker bedauert, dass die Texte der heutigen Bongo Flava Songs oberflächlich seien. Er erinnerte an die engagierten Songtexte von Professa Jay; dieser hatte das harte städtische Alltagsleben geschildert, korrupte und betrügerische Politik angeprangert, soziale Ungerechtigkeit und moralischen Verfall beim Namen genannt.

Citizen 29.08.15; 15.04.; 19.08.; 16.12.16; 09.,27.01.; 14.02.17; DN 08.03.17; East African 04.02.17

Traditionelle Musik

Eine internationale Expertenkonferenz (Sponsoren: Uni Hildesheim und VW-Stiftung) in der Dhow Countries Music Academy (Sansibar) würdigte die Taarab-Sängerin Binti Saad und ihre von dem Kiswahili-Klassiker Shabaan Robert verfasste Biographie „Wasifu (Lebenslauf) wa Binti Saad“ (1880 - 1950). Die Musikerin überwand alle Hindernisse, die ihr als Frau und Sklavin im Weg standen. 1928 reiste sie mit ihrem Orchester nach Bombay, um ihre Musik aufzunehmen. Sie führte Kiswahili-Texte in die arabische Musik ein, die bezeugen, wie die Kunst tröstet und Menschlichkeit auch unter erniedrigenden Umständen ermöglicht. Eine wichtige Rolle im Taarab-Musikstil spielt das Saiteninstrument Qanun.

Eine weitere Taarab-Königin, Bi Kidude, wurde von einem britischen Dokumentarfilmer in zwei Filmen gewürdigt. Da sie auf Kiswahili kommentiert werden (englische Untertitel), haben die Filme einen festen Platz bei den ostafrikanischen Festivals. Kidude, die kettenrauchend das Alter von 102 Jahren erreichte, vereinigte musikalische Elemente von Taarab, traditionellen Trommelrhythmen und Motiven aus den Dhau-Ländern.

Citizen 01.04.16; Daily Nation 09.06.; 12.07.15

Klassische Musik in Dar-Es-Salaam

Einige Male im Jahr präsentieren das Dar Chamber Orchestra und die Dar Choral Society europäische Klassik. Das 60-köpfige Orchester besteht aus Laien-Musiker/innen vieler Länder, darunter 16 Einheimische. Der tansanische Dirigent, H. Raymond, sucht Instrumente für junge Leute, die klassische Musik spielen wollen. Raymond wurde von der BBC-London und dem US State Dept. für seine bahnbrechenden Leistungen ausgezeichnet. Er führte kürzlich Beethovens „Ode an die Freude“ erstmals mit Kiswahili-Text auf. Sein Internet-Portal (www.hekimaraymond.com) präsentiert einige Videos seiner Konzerte.

Citizen 19.06.16; DN 16.04.15

Tantiemen

Die staatliche COSOTA (Copyright Society of TZ) treibt nun energischer Tantiemen von Radio- und Fernsehstationen für die bei ihr registrierten Künstler/innen ein. Damit wird das bereits 1999 erlassene Gesetz zum Geistigen Eigentum nach internationalen Richtlinien anfänglich umgesetzt. Auch Hotels und Gaststätten müssen eine Pauschale entrichten. Junge Musiker befürchten allerdings, dass sie weniger im Rundfunk gespielt werden, wenn für sie ebenso abgerechnet wird wie für arrivierte Künstler. Bisher bezahlten Manche sogar dafür, dass ihre Songs gesendet wurden.

Ein besonderes Problem für alle Kreativen ist die Piraterie; illegale Kopien von Musik, Filmen, Büchern und Software sind leicht zu erstellen und über schnelle Internetverbindungen leicht zu verbreiten. Dadurch entgehen den Autor/innen hohe Summen und dem Staat beträchtliche Steuern. Schöpferische Produktionen tragen knapp 7% zum Bruttoinlandsprodukt bei und sichern etwa 5% der formalen Arbeitsplätze.

Citizen 11.03.17; Guardian 30.07.16

Malkunst

Der Tingatinga-Stil geht auf Edward S. Tingatinga (geb. 1932) zurück, der ab 1968 ohne formale Ausbildung Tiere und Dorfszenen mit ungemischten Emailfarben auf quadratische Hartfaserplatten malte. Er wurde 1972 versehentlich von der Polizei erschossen. Verwandte und Freunde führten seinen Malstil weiter. Mitglieder der 1990 gegründeten Tingatinga-Kooperative (Oysterbay, DSM) bedauern, dass sich fast nur Ausländer für ihre Werke interessieren, wobei sich stereotype Maasai- und Dorfszenen am besten verkaufen. Zeit- und gesellschaftskritische Gemälde erregen kaum Interesse. Eine japanische Firma schloss einen Vertrag mit der Kooperative, um ausländische Märkte zu erschließen. Die chinesische Botschaft arrangierte eine Ausstellung von Tingatinga-Gemälden in China. Ein BASATA (Kunstrat) -Sprecher forderte die Regierung auf, Gemälde lokaler Künstler für Amtsräume zu erwerben.

In den Räumen des Afrikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Arusha) wurden Gemälde des Tingatinga-Malers L. Msesa angebracht, die Polizei- und Justizwillkür darstellen. Der Gerichtspräsident erinnerte die Künstler an die wichtige Aufgabe, Missstände zu kritisieren und das Bewusstsein für Menschenrechte wachzuhalten.

Arusha Times 04.04.15; Citizen 02.12.16; DN 04.06.; 11.11.15; Guardian 17.12.15

Schnitzkunst

Das Standardwerk „A Host of Devils“ von Z. Kingdon unterscheidet acht unterschiedliche Stile der Makonde-Schnitzkunst. Die vier Wichtigsten:* „Binadamu – Mensch“: im heutigen Mosambik ab 1930 entwickelt von N. Nangundu; oft werden traditionelle Geisterwesen dargestellt.

  • „Ujamaa – Gemeinschaftssinn“ ab 1960 (ursprünglich „Macht durch Stärke“; ritueller Ringkampf): zeigt ineinander verschlungene Körper, oft pyramidenartig aufgebaut.
  • „Shetani – Teufel“: ab 1960: groteske Gestalten.
  • „Mawingu – Wolken“ ab 1960: abstrakte, gesichtslose Figuren.

Heute nehmen auch Künstler anderer Herkunft die Makonde-Traditionen auf und entwickeln sie weiter. Die Verkäufe von Holzschnitzereien gehen zurück, einerseits, weil oft wenig attraktive Massenware angeboten wird. Andererseits verlangt der Zoll von ausländischen Käufern eine Gebühr und eine Ausfuhrerlaubnis zum Schutz der Ebenholzbestände. Das Hartholz gedeiht nur in natürlichen Mischwäldern, nicht auf Plantagen.

Citizen 24.04.; 09.,16.05.16; DN 25.05.16