Thema: Kultur und Gesellschaft: Tradition - 04/2017

Aus Tansania Information
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Traditionelle Chefs und Waffen

Die 42 traditionellen Häuptlinge der Sukuma trafen sich zum alljährlichen Kultur-Festival. Sie versicherten Präsident Magufuli ihre Unterstützung und regten an, traditionelle Häuptlinge in die Liste der offiziellen Berater des Präsidenten aufzunehmen. Sie forderten die Regierung auf, den Schädel des Sukuma-Chefs Nyalukulu von Deutschland zurückzuverlangen. Seit zwei Jahren versuchen die traditionellen Chefs eine landesweite Vereinigung aufzubauen, die dann Ansprechpartner der Regierung sein soll.

Nach einigen Todesfällen bei Streitigkeiten zwischen Bauern und Maasai-Hirten will der Innenminister den Wamaasai per Gesetz verbieten, ihre traditionellen Waffen (Stock, Speer, Dolch) zu tragen. Vertreter des Maasai-Volks wiesen jedoch daraufhin, dass die Waffen in aller Regel nicht gegen Menschen eingesetzt würden, sondern integraler Bestandteil der männlichen Bekleidung seien: „ohne Waffen fühle ich mich nackt“. Die Waffen seien wie die traditionelle Kleidung und Haartracht wichtig für den kulturellen Tourismus und Souvenir-Handel. Viele Wamaasai, die als Wächter arbeiten, könnten ohne sie nichts verdienen.

DN 24.01.16; Guardian 18.01.17

Museen und Festivals

Das Sukuma-Volk begeht alljährlich das Bulabo-Festival als Erntefest. Es wird von der Serengeti-Brauerei finanziert. Bisher spendete Altpräsident Kikwete jeweils 20 Rinder für die Feierlichkeiten.

In Haydom (Mbulu-Distrikt, Manyara) findet alljährlich im September das „Four Corner Cultural Festival“ statt. Es will mit Musik, Tänzen und traditionellem Sport die junge Generation mit kulturellen Traditionen vertraut machen und die Überlieferungen unterschiedlicher Volksstämme zusammenführen (www.4ccp.org). Festival und Kulturzentrum werden unterstützt von der Lutherischen Kirche, der Norwegischen Mission, der Rechtshilfe für Frauen und dem Touristikbüro. In dieser Region begegnen sich die vier großen Sprachfamilien Afrikas: Bantu (u.a. Nyaramba / Nyisanzu), Khoisan (Hadzabe), Nilotische (Dagota, Maasai) und Afroasiatische (Iraqw) Sprachen.

Die lutherische Tumaini („Hoffnungs-“) Universität in Makumira (TUMA; Arusha-Region) eröffnete ein Zentrum für Kunst und Kultur (Cultural Arts Centre – www.cac.ac.tz). Es wird Bilder, Schnitzereien, Kleidungsstücke, Musikinstrumente und Bücher vieler Volksgruppen ausstellen. Schwerpunkte sind traditionelle Musik und Tänze. Die Europäische Union finanziert dieses und acht weitere Kulturprojekte mit € 10 Millionen.

Mit Hilfe der UNESCO erhielt Tansania ein Archiv für sein historische Erbe (Tanzania Heritage Archives Project – www.tanzaniaheritageproject.org). Das Internetportal digitalisiert und dokumentiert historische und aktuelle Tondokumente und Videos, sowie Tansanias Beitrag zum Unabhängigkeitskampf afrikanischer Staaten.

Die EU finanziert auch ein neues und großzügiges Museum mit fünf Gebäuden aus Naturstein an den berühmten paläontologischen Stätten Olduvai (auch Oldupai) und Laetoli (Ngorongoro Distrikt). In der Olduvai-Schlucht hatte das britische Ehepaar Leakey bedeutende Fossilien von Frühmenschen und ihren Werkzeugen entdeckt.

In Laetoli befinden sich die ältesten versteinerten Fußspuren von frühen Menschen: 70 Abdrücke wurden bereits 1978 von Mary Leakey entdeckt; 2015 fanden tansanische Archäologen weitere 14 Abdrücke, die dem Australopithecus Afarensis zugeordnet werden. Ihr Alter wird auf 3,7 Mill. Jahre geschätzt. Ein männliches, zwei weibliche und zwei bis drei jugendliche Individuen sind erkennbar. Weitere Spuren werden in der Nähe vermutet. In Kenia gibt es 1,5 Mill. Jahre alte menschliche Fußspuren, am Natronsee 200.000 Jahre alte Abdrücke. In der Nähe liegt auch eine Wanderdüne aus schwarzem Vulkansand, von der gesagt wird, dass sie mit Zehnjahres-Schritten nach dem Unabhängigkeitsjahr 1961 ihre Richtung ändert.

Im heiligen Wald von Nyumbanitu („schwarzes Haus“, Wanging‘ombe-Distrikt, Njombe) gibt es Führungen, die Mythen und Gebräuche der Wabena vorstellen. Man betritt den Wald ohne Hut, barfuß, kriechend und rückwärts gehend, nachdem man mit rituellen Worten um Erlaubnis gebeten hat. Menstruierende Frauen dürfen den Wald keinesfalls betreten. Zu bestimmten Zeiten finden sich dort schwarze Hühner mit rotem Schnabel, die nicht altern und nicht gegessen werden dürfen. Auch schwarzen Rinder und Schafen kann man begegnen, die ebenfalls tabu sind. In großen Höhlen gibt es Rupien-Münzen; wer sie stiehlt, findet nie mehr aus dem Wald heraus. Durch den Jahrhunderte langen Schutz gedeihen in dem zwei ha großen Wald viele seltene Pflanzen und Heilkräuter. Im Zentrum des Waldes steht ein schwarz umkleideter Baum mit den Symbolen der drei Söhne des mythischen Häuptlings Mkongwa: Hacke für Ackerbau, Speer für Kriegskunst und Sieb für Heilkunst.

Arusha Times 23.01.16; Business Times 19.06.15; Citizen 29.11.15; 17.07.16; DN 07.09.15; 12.12.16; Guardian 19.,22.05.15; 15.12.16; Mwananchi 28.,29.08.16

Spruchweisheit, soziale Zwänge

Auf den beliebten Khanga-Tüchern werden alte und neue Weisheiten weitergegeben; einige Beispiele: „Wer von der Verwandtschaft lebt, stirbt arm“. „Der Hauptverdächtige war‘s gerade nicht“. „Zuckerrohr ist am süßesten, wo es am härtesten ist“ [Anm. d.R.: guter Wahlspruch für Partnerschaften, wie auch dieser:]. „Wer dies nicht hat, hat jenes“.

Die häufigen Versuche, kinderloser Frauen, Neugeborene zu stehlen, gehen auf den hohen sozialen Druck, unbedingt Kinder zu gebären, zurück. Kinderlose Frauen sind oft gehässigen Kommentaren ausgesetzt und werden allein für ihre Unfruchtbarkeit verantwortlich gemacht. Vielen wird dennoch empfohlen, „im Wald nach Feuerholz zu suchen“, d.h. sich mit einem anderen Mann einzulassen.

Business Times 05.12.14; 31.07.15; Guardian 01.01.17