Zu Konflikten in der Mara-Region - 09/2009

Aus Tansania Information
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<Verg. Tans.-Inf. 2/09 S. 11>

Bericht des Innenministers

Innenminister Masha berichtete im Parlament, in der Mara-Region griffen Konflikte der Großfamilien, illegale Drogen, Viehdiebstahl und bewaffnete Überfälle um sich. Vor allem in den Distrikten Tarime, Rorya und Musoma-Land sei die Friedens- und Sicherheitslage "unbefriedigend". Infolge der Zwistigkeiten seien von '01 bis April '09 136 Menschen getötet, 336 verwundet, 2.421 Häuser niedergebrannt worden. Hauptursache der Kämpfe sei Streit um Acker- und Weideland. Seit langer Zeit herrsche Feindschaft zwischen folgenden Großfamilien: Hunyaga und Mera, Anchari und Renchoka und Kira, Nyabasi und Irega. Angefacht würden die Zusammenstöße durch Diebstahl von Vieh, das im Nachbarland Kenia zu einem höheren Preis verkauft wird. Masha sagte: "Es wird aber auch berichtet, dass Soldaten, die man für Kenianer hält, einige Dörfer plündern und Kühe stehlen." Tadeln müsse man auch einige traditionelle Verantwortungsträger, denn sie schürten die Fehden. "Diese Ältesten haben eine immense Macht", sagte er. (DN 25.4.09; Guardian 25.4.09)

Aus vielen Berichten

Seit zwei Jahrzehnten wird aus Distrikten der Mara-Region häufig von Konflikten berichtet. Seit 1 2 Jahren eskalierten die Zwistigkeiten.

Gekämpft wird mit Macheten, Speeren, Pfeilen und Gewehren.

Es heißt, an einigen Jugendlichen, die sich an den Kämpfen beteiligen, würden von Dorfältesten organisierte rituelle Reinigungsriten vollzogen, ehe sie auf das Schlachtfeld ziehen. Danach seien sie überzeugt, sie würden siegen und Ruhm erwerben. Sie vergessen dabei, dass beide Gruppen zur selben Ethnie gehören.

Es gehe zu wie in Somalia, sagte ein Dorfbewohner. "Häuser werden angezündet, Menschen getötet. Aber wir kämpfen bis zum Ende."

Im Tarime-Distrikt wurden 1.000 Rinder gestohlen und nach Kenia geschmuggelt.

Im Serengeti-Distrikt kämpften Kurya mit Ngorome. Drei Menschen wurden getötet, vier schwer verletzt. Mit Tränengas trieb die Polizei die kämpfenden Jugendlichen auseinander.

Die Einwohner eines Dorfes steckten sechs Häuser in Brand, die des Viehdiebstahls Verdächtigten gehören.

In den betroffenen Gebieten kommt der Verkehr oft zum Erliegen. (DN 19./20./28.3./17./ 20.4./24./26./27.6.09; Guardian 27.3./25./28.6./1.7.09; Citizen 9./18./20.3./2./9./11./20.4.09; Habari Leo 27.3.09)

Zum Einsatz der Polizei

Im Tarime-Distrikt wurde eine große Zahl gut ausgerüsteter Polizisten für eine Sonderaktion gegen bewaffnete Viehdiebe stationiert.

Innenminister Masha sagte, die Regierung richte in den Distrikten Tarime und Rorya eine Spezialzone der Polizei ein. 300 Polizeibeamte, die man für den Umgang mit Viehdieben eigens ausgebildet hatte, würden dort stationiert. (DN 28./31.3./20.4.09; Citizen 27./31.3./11.8.09)

Zur Rolle der Oppositionsparteien

Im Tarime-Distrikt wurde ein Repräsentant der Oppositionspartei Chadema verhaftet, denn er habe vermutlich die Konflikte zwischen den Irege und den Nyabasi angestiftet. Repräsentanten der Chadema und der CCM kritisierten dieses Vorgehen. Bei einer Versammlung habe der Mann die Zusammenstöße scharf verurteilt, berichteten Unterstützer der Chadema. Manche sind der Meinung, die Polizei sei an den Gewaltakten beteiligt.

Der Ankündigung der Regierung, die Distrikte Rorya und Tarime u. U. unter Militärherrschaft zu stellen, wird von den Oppositionsparteien Chadema und CUF kritisiert, lächerlich und unsinnig genannt. (DN 10.3.09; Citizen 10.3./7.7. 09)

Zur Beteiligung Kenias

Manche meinen, in einem Dorf des Tarime-Distrikts lebten vor allem Kenianer; die meisten seien bewaffnete Viehdiebe. Einwohner forderten, diese hartgesottenen Kriminellen sollten repatriiert werden. Einige hätten doppelte Staatsbürgerschaft, unterstützten die grenzüberschreitenden Verbrechen. Die Polizei untersucht den Wahrheitsgehalt der Behauptung, die meisten Einwohner des Tarime-Distrikts seien Kenianer.

Berichten zufolge fordern Tansanier der Luo- und der Kurya-Ethnie ihre in Kenia lebenden Stammesgenossen auf, mitzukämpfen. Die Behörden halten das für gefährlich, denn es könne die Krise über die Grenzen Tansanias hinaustragen.

Prof. Philemon Sarungi, CCM-Abgeordneter und ehemaliger Verteidigungsminister, sagte, Ursache des Aufruhrs in den Distrikten Rorya, Tarime und Serengeti seien keineswegs 'Stammesfehden', wie manche meinten, sondern bewaffnete Viehdiebe aus dem Nachbarland Kenia, die mehr als 10.000 Rinder gestohlen hätten. Die 'Stammesfehden' seien vor einiger Zeit bei Friedensverhandlungen beendet worden. Tansania müsse sofort einschreiten, den Viehdieben den Krieg erklären. Es werde sich nicht um einen Krieg mit Kenia handeln, sondern mit den Dieben. Sie prahlten, wenn es in der Mara-Region keine Rinder mehr gebe, gingen sie bis nach Bariadi (Shinyanga-Region).

Während des zweitägigen Besuchs des kenianischen Präsidenten Mwai Kibaki forderte Sarungi von Kenia Entschädigung für 3.500 gestohlene Kühe und 40 Menschen, die in seinem Wahlkreis von Viehdieben getötet wurden.

Die Präsidenten Kibaki und Kikwete vereinbarten, Verantwortungsträger aus Kenia und aus der Mara-Region sollten möglichst bald zusammenkommen, um eine dauerhafte Lösung für das Problem des Viehdiebstahls zu finden.

Sarungi schlug vor, die für die East African Cooperation zuständigen Minister beider Länder die Grenz-Distrikte besuchen und beurteilen zu lassen. Die Verbreitung leichter Waffen müsse gestoppt werden. (DN 17.4.09; Guardian 18.7.09; Citizen 18.6.09)

Friedensverhandlungen

Ende März 09 wurde bei einer Versammlung auf Initiative Einiger ein 44-köpfiger Ausschuss ernannt. Er besteht aus Geschäftsleuten, gemeindlichen Verantwortungsträgern, kirchlichen Mitarbeitern, Scheichs, Repräsentanten der Großfamilien u. a. der verfeindeten Irege- und Nyabasi-Großfamilien.,

Anfang April traf sich der Ausschuss zu Friedensgesprächen. "Wir richten einen Sonderfonds ein, um denen zu helfen, die vertrieben wurden, und um dem Ausschuss Besuche der Dörfer zu ermöglichen", sagte der Vorsitzende des Ausschusses. Die illegalen Feuerwaffen sollen konfisziert werden.

Erstmalig trafen sich damit Angehörige der beiden verfeindeten Großfamilien zu Friedensgesprächen ohne Beisein von Vertretern der Zentralregierung. Sie unterstützt die Friedeninitiative.

Der Ausschuss organisierte ab Mitte April Friedensversammlungen. In diesem Gebiet kam es seither zu keinen weiteren Zusammenstößen.

Der District Commissioner forderte, die Medien sollten nicht mehr über 'Stammesfehden' in Tarime berichten, sondern über Positives, das sich dort entwickle. "In Tarime gibt es nicht nur Gewalt." Angestellte des öffentlichen Dienstes fürchteten sich vor einer Stationierung in Tarime. Im Augenblick herrsche Ruhe. (DN 15./18./31.3./1./7./15./17.4./ 1.5.09; Citizen 31.3.09)

Premierminister zu den Unruhen

Premierminister Pinda gab den Verantwortungsträgern des Tarime- und des Rorya-Distrikts und der Mara-Region insgesamt sechs Monate Zeit, um der Regierung einen Strategieplan vorzulegen, der zeigt, wie die Morde in ihren Gebieten gestoppt werden können. Andernfalls werde eine Militärregierung eingesetzt. Pinda bereiste das Gebiet per Hubschrauber und besuchte viele Dörfer, um zu den Einwohnern zu sprechen. Sie versicherten, die eigentliche Ursache der Tötungen seien die Kämpfe zwischen guten Bürgern und Viehdieben und nicht die Feindseligkeiten zwischen Ethnien oder Großfamilien. Bei der letzten Welle von Viehdiebstahl seien mehr als 2.000 Rinder gestohlen worden, sagte Sarungi. (DN 2./3.7.09)