Zum Mindestlohn in der privaten Wirtschaft und im öffentlichen Dienst - 03/2008

Aus Tansania Information
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Tatsächlich gezahlte Löhne

Laut einer Untersuchung bekommen Mädchen, die in Bars, Restaurants und Haushalten angestellt sind, nicht mehr als 5.000/- TSh. Um den Lohn aufzubessern, sind manche zu sexuellen Kontakten mit den Gästen gezwungen. (Guardian 18.12.07)

Im Juni 2003 hatte die Regierung den Mindestlohn auf 35.000/- TSh auf dem Land und 48.000/- TSh in der Stadt angehoben. Seither blieb er unverändert. Nun soll er jedes Jahr überprüft werden. (DN 8./11.1.08; Citizen 3.1.08)

Regierung erhöht Mindestlohn

Im Okt. 07 hatte die Regierung die Arbeitgeber des privaten Sektors angewiesen, ab Nov. 07 höhere Löhne zu zahlen. <Siehe Tans.-Inf. 11/07 S. 7>

Aus dem ganzen Land kamen Bitten, die Frist zu verlängern.

Die Regierung setzte für die Anhebung daraufhin den 1.1.08 fest. Zuwiderhandelnde würden verhaftet und bestraft, betonte John Chiligati, damals Minister für Arbeit und Entwicklung der Jugend. Privatfirmen, die sich bei den Löhnen nicht an die Regierungsanweisung halten wollen, sollten zusammenpacken und in ein anderes Land gehen. Ohne Zögern werde man gegen Zuwiderhandelnde vorgehen. Die Regierung habe die gegen unehrliche Arbeitgeber kämpfende Labour Inspection Unit verstärkt. "Es muss klar sein, dass nicht einmal diese neuen Löhne für den Lebensunterhalt reichen. Das ist nur ein Anfang", sagte er. Es handle sich um Leitlinien. Es stehe den Arbeitnehmern frei, bessere Bedingungen auszuhandeln. (DN 8./11.1.08; Guardian 2.1.08)

Das Kabinett wies das zuständige Ministerium an, die Auswirkungen der Mindestlöhne zu untersuchen. Chiligati sagte, man werde mit der ILO und anderen Betroffenen zusammenarbeiten. (DN 11./16.1.08)

Reaktionen auf Pläne, Mindestlöhe anzuheben

Die Fischverarbeiter am Viktoriasee erklärten, sie müssten die Zahl der Angestellten um fast 50 % reduzieren, falls die Regierung die angekündeten Mindestlöhne durchsetze. Das Urafiki Textilwerk entließ im Okt. 07 400 Angestellte, eine Transportfirma Anf. Jan. 08 120 Arbeitnehmer. (Guardian 3.1.08; Citizen 14.10.07)

Der Trade Union Congress of Tanzania (Tucta) beriet über das Los der Arbeitnehmer, die wegen der Lohnerhöhung ihren Arbeitsplatz verlieren. (Guardian 9.1.08)

Die Confederation of Tanzania Industries (CTI) lehnte die Anhebung des Mindestlohnes ab. Man fürchte, Anlagekapital werde aus Tansania abgezogen, Länder mit konkurrenzfähigeren Löhnen würden bevorzugt. Tanzania werde zu einem Land der Händler werden, weil die meisten heimischen Fertigungsbetriebe unrentabel würden, heißt es in einer Erklärung. Der Mindestlohn-Ausschuss habe übereilt gehandelt, nicht mit den Betroffenen gesprochen. (The East African 14.1.08)

Abänderung für bestimmte Großbetriebe

Nach anhaltenden Protesten vieler Arbeitgeber und Beratungen mit unterschiedlichen Interessenvertretern zeigte sich die Regierung flexibel. Arbeitsintensive Betriebe, Firmen mit mehr als 300 Beschäftigten und Fabriken, die mehr als 25% ihrer Waren exportieren, müssen als Mindestlohn nur 80.000/- TSh bezahlen (statt 150.000/- TSh). Diese Betriebe wären andernfalls nicht konkurrenzfähig, heißt es in einer Erklärung.

In Reaktion auf Streiks mehrerer Betriebe, gestattet die Regierung auch 58 Großbetrieben, nur 80.000/- TSh zu zahlen, denn andernfalls seien sie gezwungen, viele Arbeitnehmer zu entlassen oder ganz zu schließen. (Guardian 2./11.1./5.2.08, DN 30.12.07; Citizen 11.1./5.2.08; Arusha Times 1.2.08)

Streiks

Nachdem die Arbeitnehmer des Urafiki Textilwerkes in Dar-es-Salaam wegen Lohnerhöhung zwei Wochen gestreikt hatten, stellte die Leitung den Betrieb auf unbestimmte Zeit ein, obwohl die Verhandlungen noch andauerten. Auf einem Plakat am Firmeneingang war zu lesen, Arbeitnehmer würden nur nach einer schriftlichen Entschuldigung und einer Erklärung, am Streik teilgenommen zu haben, wieder eingestellt. Dazu sind die Arbeitnehmer nicht bereit, denn das bedeute ein Schuldeingeständnis. "Bekommen wir die 150.000/- TSh nicht oder eine aufrichtige Erklärung, dass die Firma nicht in der Lage ist, die neuen Löhne zu bezahlen, ist niemand bereit, wieder zu arbeiten", sagte ein Angestellter. Lieber als unter ausbeuterischen Bedingungen zu arbeiten, werde man ganz aufgeben. (Guardian 5./8.2.08)

Die Angestellten des Textilwerkes Sun-flag in Arusha protestierten mit einem Boykott gegen die neuerliche Festlegung der Mindestlöhne (80.000/- TSh anstelle von 150.000/- TSh). Bisher hatten sie 48.000/- TSh erhalten. Bewaffnete Polizisten bewachten das Firmengelände. Der Regional Commissioner der Arusha-Region sagte zu den Arbeitnehmern, entweder sie akzeptierten den Lohn der Firmenleitung oder sie verließen unverzüglich das Firmengelände. Völlig überrascht zogen die meisten unter Polizeischutz ab. Nur wenige blieben. Die Firma musste auf unbestimmte Zeit schließen. (Arusha Times 1.2.08)

Öffentlicher Dienst

Die Regierung erhöhte den Mindestlohn für Angestellte des öffentlichen Dienstes mit Wirkung vom 1.1.08 von 80.760 auf 100.000/- TSh. Das sind 23,82 %. Ausgezahlt wird der höhere Lohn samt der sechsmal pro Monat fehlenden 19.240/- TSh aber erst mit Beginn des neuen Finanzjahres im Juli 08, denn im Haushalt 07/08 ist keine Anhebung vorgesehen.

Vor Ablauf von zwölf Monaten wird es keine weiteren Diskussionen über Lohnerhöhung geben.

Interessenvertreter hatten eine Anhebung auf 350.000/- TSh vorgeschlagen. (DN 12.12.07/18.1.08; Guardian 12.12.07/19.1.08)