Zum neuen Kabinett - 03/2008

Aus Tansania Information
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Neuer Premierminister

Am 8. Febr. berief Präsident Kikwete Mizengo Kayanza Peter Pinda zum neuen Premierminister. Mit Applaus und 'Vigelegele'<Trillern> begrüßten die Abgeordneten diese Entscheidung und stimmten in geheimer Wahl mit 98,9 % für ihn.

Getrude Mongella, Präsidentin des African Parliament, lobte die Tansanier für ihre Weisheit und Nüchternheit während der letzten beiden Tage. In anderen Ländern hätten solche Vorgänge vielleicht zu Gewaltanwendung geführt, sagte sie.

Am 9. Febr. wurde Pinda vereidigt. Ehefrau, Vater (86) und Mutter und Verwandte waren zugegen.

Viele nannten die Berufung Pindas ein Meisterstück. Nie sei Pinda mit einem Skandal in Verbindung gebracht worden, obwohl er schon viele Jahre in der Regierung arbeite, sagte Prof. Shivji, Minister und Abgeordnete respektierten ihn. Der Vizekanzler der Dar-es-Salaamer Universität lobte, Pinda sei sehr ruhig, er bringe frische Luft. "Er ist der beste Mann für diesen Job", betonte ein Regierungsbeamter. Eine Abgeordnete nannte Pinda unparteiisch, intelligent und gewissenhaft. Der Oppositionsführer des Parlaments sagte, Pinda sei immer für Gerechtigkeit eingetreten.

Die Einwohner der Rukwa-Region, Pindas Heimat, jubelten. "Er ist ein Mann des Volkes, egal, welche politische Meinung man hat", rühmte einer.

Pinda sagte, er sei kein politischer Guru sondern ein erfahrener Technokrat, der lange im Staatsdienst gewesen sei.

Während eines Dankgottesdienstes mit sieben Priestern in der überfüllten St. Anna Kirche, einer katholischen Kirche Dar-es-Salaams, bei dem die Gemeinde für den neuen Premierminister betete, sagte Pinda, gläubiger Katholik, er werde auf Gottes Führung achten, um seine neuen Verpflichtungen ohne Furcht oder Bevorzugung wahrnehmen zu können. Unser Priester sagte, in der Bibel heiße es 365 mal, 'fürchte dich nicht'... Ich werde diesem Rat während meiner Amtszeit als Premierminister folgen... Unsere Hauptaufgabe als Verantwortungsträger ist, das Vertrauen der Tansanier zu ihrer Regierung wieder herzustellen." Pinda erhielt eine Bibel und einen Rosenkranz. (DN 9./25.2.08; Guardian 9./25.2.08; Observer 10.2.08)

Pinda wurde 1948 im Distrikt Mpanda-Land (Rukwa-Region) als erster Sohn armer Landwirte geboren. 1974 machte er an der Dar-es-Salaamer Universität sein Examen als Anwalt. Bis 1978 war er Staatsanwalt im Justizministerium. Dann berief ihn Nyerere zum Sicherheitsbeauftragten des Amtssitzes des Präsidenten, beförderte ihn dann zu seinem Stellvertretenden Privatsekretär. 1992 erhielt er den Posten des Clerk of the Cabinet im Amtssitz des Präsidenten. 2000 betrat er die politische Bühne und wurde zum Abgeordneten für Mpanda-Ost (Rukwa-Region) gewählt. Präsident Mkapa ernannte ihn zum für regionale und lokale Verwaltung zuständigen Stellvertretenden Staatsminister im Amt des Premierministers, Präsident Kikwete 2006 zum Staatsminister dieses Ressorts. (DN 9.2.08; Guardian 9.2.08; The East African 11.2.08)

Neue, alte, beförderte, entlassene Minister

Am 12. Febr. ernannte Kikwete die neuen Minister und Stellvertretenden Minister. Am 13. Febr. wurden sie vereidigt.

Kikwete reduzierte die Zahl der Minister von 29 auf 26, die der Stellvertretenden Minister von 31 auf 21. Acht Minister und sieben Stellvertretende Minister gehören dem Kabinett nicht mehr an.

Neben Dr. Ibrahim Msabaha und Nazir Karamagi, die ihren Rücktritt erklärt hatten, verloren Zakia Meghji, Ministerin für Finanzen, Basil Mramba, Minister für Industrie, Handel, Vermarktung, Bakari Mwapachu, Minister für öffentliche Sicherheit, und Antony Diallo, Minister für Entwicklung der Viehzucht, ihre Posten.

Ngombale Mwiru, Staatsminister im Amt des Präsidenten, und Joseph Mungai, Innenminister, die dem Kabinett seit der Unabhängigkeit 1961 angehörten, wollen aus Altersgründen aus dem Kabinett ausscheiden. Andrew Chenge, ehedem Generalstaatsanwalt, behielt überraschenderweise seinen Posten.

Sechs Stellvertretende Minister wurden mit einem Ministerposten betraut, vier Abgeordnete erstmalig als Minister oder Stellvertretende Minister ins Kabinett berufen. (Für ein Amt im Kabinett kommen ausschließlich Abgeordnete infrage.) Nur vier Minister kehren auf ihren bisherigen Posten zurück.

Drei Ministerien wurden zusammengelegt. Das Ministerium für Finanzen mit dem für Planung und Wirtschaft, das Ministerium für Inneres mit dem für öffentliche Sicherheit; das Ministerium für Erziehung ist nun auch für höhere Bildung zuständig. Primar- und Sekundarschulerziehung sol-len von der lokalen Verwaltung beaufsichtigt werden; in jedem Distrikt wird es je einen Erziehungsbeauftragten für die Primar- und die Sekundarschulen geben. Für Wissenschaft und Technik ist nun das Ministerium für Information, Sport, Kultur zuständig, nicht mehr das für höhere Bildung. Der Stellvertretende Generalstaatsanwalt soll nicht mehr dem Justizministerium angehören, sondern seine ganze Zeit der Unterstützung des Generalstaatsanwaltes widmen. (DN 12.2.08; Guardian 13.2.08; This Day 13.2.08)

Nach der Vereidigung sagte Kikwete: "Ich erwarte, dass sich alle jetzt an die Arbeit machen. Die Feiern sind nun zu Ende." Ohne zu zögern werde er erneut umstruktuieren, wenn er entdecke, dass einige Minister keine Leistungen bringen. Zum Premierminister gewandt sagte er: "Lasst es mich sofort wissen, wenn jemand Ihnen nicht gehorcht; ich werde ohne Zögern tätig." (Guardian 14.2.08)

Anmerkungen

Antony Diallo, bisher Minister für Entwicklung der Viehzucht, sagte, er habe um Entlassung gebeten, damit er sich seinem Geschäft widmen könne; er besitzt eine Rundfunk- und Fernsehstation und eine Zeitung. Zakia Meghji, bisher Finanzministerin, betonte, die Tatsache, dass sie nicht wieder im Kabinett sei, habe mit den laufenden BoT-Ermittlungen nichts zu tun. Dr. Juma Ngasongwa, bisher Minister für für Wirtschaft und Planung, begrüßt, dass er nun mehr Zeit habe für Anderes, z. B. Unterricht an Hochschulen.

Einwohner Dar-es-Salaams sagten, sie freuten sich über die Verkleinerung des Kabinetts. Dadurch spare das Land viel Geld, das für Entwicklungsvorhaben verwendet werden kann. Gut sei, dass Kikwete Minister, denen Korruption vorgeworfen wird, außen vor ließ. Die Tatsache, dass Kikwete diejenigen beseitigte, die der Verwicklung in den BoT-Skandal <Vergl. Tans.-Inf. 2/08> verdächtigt werden, zeige, dass er Mut hat. Die bisherige Finanzministerin habe er trotz ihrer Loyalität ihm gegenüber fallen lassen; das zeige, wie ernst es ihm mit echter Veränderung ist.

Kommentatoren äußerten, die radikale Umbesetzung spiegle das von Kikwete geäußerte Bestreben, private Geschäfte von politischen Führungsaufgaben zu trennen und die Effizienz der Regierung zu steigern.

Sogar einige Abgeordnete der Opposition äußerten sich zustimmend. Mrema, Vorsitzender der TLP, lobt das Vorgehen Kikwetes; doch einige Minister seien nicht sauber, fürchtet er.

Manche kritisieren, dass nur 25 % des Kabinetts Frauen sind, nicht wie bisher 30 %. (Guardian 13./14.2.08; ThisDay 14.2.08; Inter Press Servce 13.2.08)

Kundgebungen

Am 23.2.08 gingen die Studierenden in vielen Regionen auf die Straße, um gegen die Korruption im Regierungssystem und gegen die überhöhten Stromtarife zu protestieren. Auch Dozenten, Schüler aller Schularten u. a. beteiligten sich. Immer würden sich die Studierenden mit denen zusammentun, die an vorderster Front gegen Bestechung kämpfen, sagte der Generalsekretär der Studentenorganisation TAHLISO. Die Polizei in Dar genehmigte die Demonstration. (DN 21.2.08; Guardian 20./24.2.08)