Zur Beziehung zwischen Tansania und Großbritannien - 12/2011

Aus Tansania Information
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Prince Charles und Gattin Camilla in Tansania

Nach dem Besuch in Südafrika kam das Paar für vier Tage nach Tansania.

1984 war Prince Charles das letzte Mal zu einem offiziellen Besuch in Tansania. Für seine Gattin war es der erste Aufenthalt in Tansania.

Präsident Kikwete dankte für die Ehre, dass Prince Charles und seine Gattin seiner Einladung Folge leisteten und dass er das Paar als Gäste begrüßen dürfe. Er sagte, die Beziehungen zwischen beiden Ländern seien ausgezeichnet.

Prince Charles erwiderte, die Beziehungen zwischen Tansania und dem UK seien historisch, aber auch sehr modern. Seit Jahren sei Großbritannien für Tansania das wichtigste Geberland.

Es erhält pro Jahr 230 Mio. $ Unterstützung, davon 130 Mio. $ für den Haushalt. Aus Großbritannien kommen die meisten Investoren; sie schufen mindestens 240.000 Arbeitsplätze. Der Großteil der Touristen sind Engländer.

Prince Charles stellte die Briefmarken zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Tansanias und das Postleitzahl-System Dar-es-Salaams vor.

Mit seiner Gattin besuchte er das Hauptquartier der National Defence Forces. Er traf Soldaten, die von ihrer Friedensmission in Darfur zurückgekehrt waren.

Nach dem Besuch des in den Gemeinden verankerten Managements der Fischerei-Ressourcen in Rufiji, Mafia und Kilwa sagte Prince Charles, es beeindrucke ihn, wie dieses Projekt unter Zuhilfenahme des immensen Wissens der lokalen Bevölkerung durchgeführt wird. Die Welt müsse vom Unternehmungsgeist der tansanischen Dorfbewohner lernen.

Bei einem Bankett, zu dem Präsident Kikwete geladen hatte, sagte Prince Charles, er sehne sich danach, den Kilimanjaro zu sehen, und hoffe auf gutes Wetter für sich und seine Begleiter.

Prince Charles und seine Gattin statteten dem Präsidenten Sansibars einen Besuch ab und besichtigten die Stone Town, das House of Wonder, eine Primarschule und Gewürzfarmen.

Die Tanzania Pastoralists, Hunters and Gatherers Organisation (TAPHCO) veranstaltete für Prince Charles und seine Gattin ein Treffen in einer typischen Maasai-Boma. Nomadisierende Hirten der Maasai-, Barabaig-, Datoga-Volksgruppen und die gefährdeten Hadzabe-Buschleute waren zugegen. Prince Charles forderte die Viehhalter auf, über seine Website mit ihm zu kommunizieren, damit man miteinander herausfinden könne, wie sie einige ihrer Probleme lösen können.

Besonders beeindruckt waren Prince Charles und seine Gattin von der Not der Mädchen dieser marginalisierten Gesellschaften. Sie würden wie eine Verkaufsware behandelt, wegen des Brautpreises mit Gewalt von ihren Eltern weggeschickt und verheiratet, berichteten die Mädchen.

Die Maasai Naha Shuaka berichtete, sie habe an einem Buch mitgearbeitet, in dem sie die Not der Maasai-Mädchen schildert und von ihrem eigenen Leben berichtet. Es sei kürzlich in London präsentiert worden. Sie überreichte Prince Charles und seiner Gattin das Buch. (DN 5./8./9./ 10./11.11.11, Guardian 8.10.11.11; Citizen 8.11.11; Arusha Times 12.11.11)

Zur Forderung, Homosexualität zu legalisieren

Die Vorbereitungen Tansanias auf den Besuch Prinz Charles und seiner Ehefrau Camilla fielen zusammen mit heftigen Diskussionen über gleichgeschlechtliche Ehen.

Am Rande des Commonwealth Heads of Goverment Meeting (CHOGH) in Australien sagte David Cameron, Premierminister Großbritanniens, seine Regierung werde Hilfe für Regierungen des Commonwealth zurückhalten, wenn sie die Rechte von Minoritäten, Homosexuelle incl., nicht durchsetzen, Gesetze, die Homosexualität verbieten, nicht ändern.

Die Drohung, keine Hilfe mehr zu gewähren, bezieht sich nur auf die Unterstützung des Haushalts, nicht auf die gesamte Hilfe.

Zum Commonwealth gehören 54 Staaten, die Großbritannien ehedem kolonisierte.

Die Regierung Gesamttansanias und die Sansibars lehnten die Wünsche der Regierung Großbritanniens, die Gesetze zu ändern und Homosexualität zuzulassen, ab; Außenminister Membe und Sansibars Präsident Shein betonten, das sei unmöglich. Ähnlich äußerten sich weitere Minister, christliche und muslimische Verantwortungsträger und viele andere Tansanier.

Dr. Shein sagte bei einer Pressekonferenz, die Bedingung sei inakzeptabel. Lieber als das Gesetz zum Verbot der Homosexualität zu ändern, wolle Tansania Hilfe der britischen Regierung einbüßen. Gleichgeschlechtliche Ehen beschädigten Sansibars Ideale und die islamische Religion. "Sie können die Hilfe einstellen, wenn sie wollen", betonte er.

Membe erklärte, für Tansanias Kultur und Religion sei Homosexualität ein Vergehen. "Unsere Haltung in dieser Sache ist kristallklar. Wir sind nicht bereit, irgend einer reichen Nation zu erlauben, uns auf Grund inakzeptabler Bedingungen Unterstützung zu geben. Wir schaffen es ohne Hilfe des Vereinigten Königreiches (UK)." Laut Strafgesetzbuch sei Homosexualität ein Verbrechen, das mit mindestens 30 Jahren Gefängnis bestraft wird. Ist Großbritannien unnachgiebig, könnte das den Commonwealth mit seinen 54 Mitgliedern spalten; nur 13 Länder befürworteten Homosexualität. Großbritannien trage die Verantwortung, wenn das Commonwealth zusammenbricht, weil es eine derartige soziale Dekadenz befürwortet. Eine Botschaft habe Tansania gebeten, einen neuen homosexuellen Botschafter zu akzeptieren. Sein Ministerium, auch der Präsident seien schockiert gewesen. Dieser habe ihn angewiesen, die Bitte nicht zu erfüllen, weil die Gesetze gleichgeschlechtliche Ehe verbieten.

Ministerin Sophia Simba sagte: "Wir können nicht zulassen, dass unsere Kultur vom Verhalten der westlichen Welt beeinflusst wird. Bereits eine Diskussion über diese Sache ist tabu."

Religiöse Verantwortungsträger warnten die Regierung davor, dem Druck, Schwule und gleichgeschlechtliche Ehe zu erlauben, nachzugeben.

Auch im Parlament wurde über Camerons Äußerung diskutiert. Abgeordnete fragten, ob die Regierung bereit sei, Entwicklungshilfe abzulehnen. Premierminister Pinda erwiderte, die Regierung habe eine Erklärung zu diesem Thema verabschiedet.

Der National Muslim Council of Tanzania (BAKWATA) lobte die Regierung der Union und die Sansibars für ihren Widerstand gegen Homosexualität und gleichgeschlechtliche Partnerschaft. Sie sei gegen den Koran, betonte ein führender Scheich. (DN 4./5./ 11.11.11; Guardian 4./7.11.11; Citizen 3./4./5./11.11.11)

Klärung

Diane Corner, British High Commissioner to Tanzania, verteidigte ihr Land in einem Interview mit East African Radio. Offensichtlich will sie Abstand nehmen von der Haltung ihres Premierministers. Sie sagte, über das Thema Homosexuelle und Lesben werde ohne den entsprechenden Kontext diskutiert. "Wir werden weiterhin gute Beziehungen zu Tansania pflegen. Ich will wiederholen, dass das UK daran interessiert ist, gute Beziehungen zu Tansania zu fördern. Ich habe keinerlei Interesse da-ran, Hilfe zu kürzen", betonte sie. (Citizen 5.11.11)

Der britische Außenminister, ein Begleiter von Prince Charles, sagte, sein Land plane nicht, seine Unterstützung Tansanias zu kürzen. Großbritannien werde auch weiterhin Tansanias Traditionen, Werte und Sitten respektieren. Tansania sei eines der wenigen Länder Afrikas, in denen die Menschenrechte außerordentlich viel bedeuten. Deshalb sei es unter den wichtigsten Empfängern britischer Unterstützung. Außenminister Membe dankte dem britischen Minister für die Klarstellung in dieser Angelegenheit. (DN 8.11.11)

Zu einigen Nachbarländern

Für Malawi wurde die Unterstützung des Haushalts wegen seiner Einstellung zum Recht der Schwulen bereits ausgesetzt. Auch den Regierungen Ugandas und Ghanas gegenüber wurden Bedenken geäußert. Kenia und Uganda brachten ihre Opposition gegen das UK in der selben Angelegenheit zum Ausdruck und erklärten, sie wollten lieber keine Hilfe erhalten, als die Schwulen-Bewegung zu akzeptieren. (DN 4.11.11)

Aus Kommentaren

Warum sollte Großbritannien seine eigene Lebensweise anderen aufzwingen? Das ist ekelhaft und ein weiterer Beweis dafür, dass Unterstützung einfach ein Werkzeug der Außenpolitik ist. (...) Cameron ist keiner, von dem viele Leute viel halten; kein Wunder, dass er den Afrikanern eine unmoralische, abscheuliche, imperialistische Erklärung vorlegt. Ich denke, es ist höchste Zeit, dass die Afrikaner aufhören, zu betteln. (Citizen 3.11.11)

Cameron ist ein Enkel eben jener britischen Kolonialisten, die Afrika ausplünderten. Er denkt weiterhin, er könnte diktieren, was wir tun und nicht tun sollen. Wir entscheiden selbst, was wir legalisieren und was nicht. Dass wir Homosexualität nicht legalisieren, heißt nicht, dass wir diejenigen verdammen, die diese des Menschen nicht würdige Aktivitäten praktizieren. (...) Wenn der Premierminister des UK versucht, Unterstützung als Werkzeug zu verwenden, um in Afrika mit Großbritanniens unmoralischen, teuflischen Aktivitäten Einfluss zu üben, ist es kein Wunder, dass einige Länder Europas im Begriff sind, wirtschaftlich und kulturell zu kollabieren. (Guardian 7.11.11)