Zur Vorbereitung der Wahl 2010 durch Religionsgemeinschaften - 10/2009

Aus Tansania Information
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Zur Handreichung der Röm.-Kath. Kirche in Tansania

Repräsentanten der Regierungs- und der Oppositionsparteien reagierten unterschiedlich auf die Handreichung der Kath. Kirche. <Vergl. Tans.-Inf. 8/09 S. 11> Sie rät, weise und mutig zu wählen, korrupte, machtbesessene Leute abzulehnen. Politiker der CCM sind den Intentionen der Kirche gegenüber argwöhnisch, während ihre Kollegen von der Opposition die Schrift als wichtigen Beitrag zur Information der Wähler begrüßen.

Einige Muslime meinen, eine neutralere Gruppe hätte Leitlinien für die Wahl herausgeben sollen. (Guardian 7.9.09; Citizen 13.8.09)

Ngombale-Mwiru und Röm.-Kath. Kirche

Kingunge Ngombale-Mwiru war ehedem Minister, bis zu seinem Austritt Glied der Röm.-Kath. Kirche; nun ist er bekennender Atheist. Im Parlament forderte er von der Römisch-Katholischen Kirche die Rücknahme ihres 'Hirtenbriefes' zur Wahl 2010, denn er bedrohe die nationale Einheit.

Einige Verantwortungsträger der Politik und der Kirche, Erzbischof Pengo incl., erwiderten, diejenigen, die der Hirtenbrief ärgere, seien entweder Unterstützer der Übeltäter oder Nutznießer der grassierenden hochgradigen Korruptionsskandale. Bischof Kilaini sagte, er respektiere Ngombale-Mwiru sehr, wolle nicht mit ihm streiten, bitte ihn aber, aufzuzeigen, welcher Teil der Schrift die Einheit bedrohe. Erzbischof Ruwa'ichi betonte, die Verantwortungsträger sollten daran denken, dass sie vom Volk gewählt wurden, deshalb die Interessen des Volkes wertschätzen müssten, ohne sich individualistische, tribalistische oder religiöse spalterische Gefühle zu erlauben.

Ngombale-Mwiru reagierte darauf und sagte, er habe großen Respekt vor den Kirchenführern, doch die gegen ihn vorgebrachten Beschuldigungen enttäuschten ihn. Er bat die Katholische Kirche, ihren verletzenden Angriff auf ihn zu bereuen. Er bleibe bei dem, was er gesagt habe. Vor allem protestiere er dagegen, dass man ihn als korrupt hingestellt habe. "Die Kirche ist selbst nicht so rein bei dem, was sie tut", sagte er. (DN 24.7.09; Citizen 22./24.7./13.8.09; Nipashe 24.7.09)

Reaktion der Oppositionspartei CUF

Die CUF bat Präsident Kikwete, in die Debatte über den Hirtenbrief einzugreifen, denn er könne Einheit und Ruhe Tansanias gefährden. Seif Shariff Hamad, Generalsekretär der CUF, sagte, Kikwete müsse die lauernde Gefahr erkennen, sofort handeln und der Regierung in dieser Angelegenheit Anweisungen geben. Die Schrift könne zwischen Gliedern anderer Religionen Elemente des Hasses entzünden, betonte er. Hamad drängt die Tansanier, den Hirtenbrief abzulehnen. Er fragte: "Was passiert, wenn andere Religionsgruppen mit je eigenen Schreiben der gleichen Art auftreten wollen? Bestimmt wird das Land in politischem Chaos versinken." Hamad kritisierte auch Parlamentspräsident Samuel Sitta, der öffentlich die Kirche unterstützt habe. Er betonte, die CUF sei keine muslimische Organisation, wie viele behaupteten. (DN 24.7.09; Citizen 24.7.09; Nipashe 24.7.09)

Muslimische Leitlinien

Das Political Committee of the Council of Muslim Clerics (Shura ya Maimamu Tanzania Kamati Kuu ya Siasa) gab zur Vorbereitung auf die Wahlen 2010 ein 45-seitiges Heft mit Leitlinien für Muslime heraus. Titel: 'Kuelekea Uchaguzi Mkuu 2010'.

Der Muslim Council of Tanzania (Bakwata) jedoch, die offizielle die Muslime vertretende Organisation, distanzierte sich von der Schrift. Man habe beim Entwurf nicht mitgewirkt, betonte er.

Die Schrift leitet die Gläubigen an, "gute Repräsentanten zu wählen, die die Muslime von der Unterdrückung befreien." Die Imame werden angewiesen, "alles, was möglich ist, zu tun, um die Gläubigen dazu zu bringen, dass sie für die Kandidaten stimmen, die die Interessen der Muslime fördern."

Scheich Ponda Issa Ponda, Generalsekretär der Shura ya Maimamu, sagte, die Muslime sollten sich nicht wieder von Politikern oder sonstwem betrügen lassen. Sie müssten sich zusammenschließen und bei der Wahl ihre Stimmen für die Befreiung verwenden. "Viele Jahre lang wurden wir unterdrückt." Die Muslime sollten Verantwortungsträger wählen, die den Islam lieben. Die Mehrheit der Tansanier seien Muslime, aber 80 % der Abgeordneten seien Christen.

Die Regierung hatte die muslimischen Verantwortungsträger davor gewarnt, eine ähnliche Schrift wie die katholische Handreichung zur Wahl herauszugeben.

Staatsminister Marmo riet den Repräsentanten der Religionsgemeinschaften, alles zu vermeiden, das zu Missstimmung im Land führen könne. (Guardian 29.8.09; Citizen 27./28.8.09)

Reaktionen

Viele Menschen unterstützen die Handreichung der Röm.-Kath. Kirche.

Einige wünschen eine weitere Verbreitung derselben, unter ihnen John Cheyo, Vorsitzender der Oppositionspartei UDP. Er sagte, er werde dem Tanzania Centre for Democracy (TCD) raten, die Schrift zu reproduzieren und bei der Verteilung zu helfen, um sicherzustellen, dass alle eine Kopie bekommen. Er halte die Handreichung für hilfreich.

Ein Philosophiedozent der Dar-es-Salaamer Universität sagte, die Kritiker hätten den Inhalt der Schrift nicht richtig kapiert. Ngombale-Mwiru solle sich von der aktiven Politik zurückziehen, die Zeiten hätten sich geändert.

Auch Dr. Wilbroad Slaa, Generalsekretär der Chadema, übte Kritik an Ngombale-Mwiru und sagte: "Er kritisiert eine Schrift, die integre Verantwortungsträger fordert. Wir sollten ihn ignorieren."

Ein anglikanischer Bischof, Vorsitzender des Christian Council of Tanzania (CCT), sagte, Ngombale-Mwiru sollte sich bei der Röm.-Kath. Kirche für seinen ungerechtfertigten Angriff entschuldigen. Der Hirtenbrief werde bleiben. Wer seine Rücknahme fordert, vergeude Zeit.

Kardinal Pengo warnte die Regierung vor Einmischung in religiöse Angelegenheiten.

Scheich Issa Ponda verteidigte Kardinal Pengo, die Katholiken und seine Gruppe für ihr Bestreben, ihre Anhänger zu informieren, wie sie wählen sollen.

Zakaria Kakobe, Bischof der Gospel Bible Fellowship, aber kritisierte die Röm.-Kath. Kirche und einige Imame wegen ihrer Leitlinien. Pengo sei arrogant, es mangle ihm an Respekt vor der Regierung. Er habe das Glück, ungeschoren davonzukommen, denn "wir haben einen demütigen Präsidenten". Kakobe nannte die Leitlinien "Krebstumoren, die die Nation bald zerfressen werden". Weihbischof Kilaini erwiderte, diese Befürchtung sei unbegründet. Vor der Wahl '05 habe es ähnliche Initiativen gegeben - von der UNDP finanziert. Er frage sich, ob Kakobe ein rechtmäßiger Bischof ist.

Auch die Regierung distanzierte sich von Ngombale-Mwirus kontroversen Anmerkungen. Sie bereite eine eigene Erklärung vor, sagte Staatsminister Marmo. Im Augenblick beobachte sie die Entwicklung der Debatte genau. (DN 3.9.09; Guardian 7.9.09; Citizen 13./14.8./3.9.09; ThisDay 17.8.09: The Express 10.9.09)

Regierung zu Aufrufen von Glaubensgemeinschaften

Die Regierung plant, alle von Kirchen und anderen religiösen Einrichtungen herausgegebenen Schriften zu prüfen. Premierminister Pinda sagte: "Wenn wir jeder Religionsgruppe oder Konfession erlauben, an ihre Mitglieder gerichtete Briefe zur Wahl herauszugeben, könne es rasch zu chaotisch werden." Die Kirche gebe jedes Jahr diese Art von Rundschreiben heraus, doch nie habe es deshalb Streit gegeben.

Kardinal Pengo erwiderte, von der Röm.-Kath. Kirche herausgegebene Hirtenbriefe zu staatsbürgerlichen Themen benötigten die Zustimmung der Regierung nicht, denn die Bischöfe kämen dabei ihren seelsorgerlichen und moralischen Verpflichtungen nach. (DN 31.7./27.8./10.9.09; Guardian 31.7.09; The Express 10.9.09)

Bei seiner von Rundfunk und Fernsehen direkt übertragenen Fragestunde äußerte Präsident Kikwete, "Ich erschrak, als ich das Papier der Kath. Kirche zum ersten Mal sah; und später verfassten die Muslime ihres." Er fürchte, Christen und Muslime würden sich bei der Wahl an Anweisungen ihrer führenden Leute richten, als Christen oder Muslime zur Wahl gehen. "Das ist gefährlich", betonte er. Noch nie habe Tansania so etwas erlebt. "Ich fordere alle, die noch keine solche Handreichung verfassten, auf, davon Abstand zu nehmen. Wir sollten die Debatte beenden. Die Medien müssten uns helfen und an die Gefahr denken, die der Nation droht, wenn wir religiösen Grenzlinien entlang polarisiert werden, gespalten in Wahlsieger und Wahlverlierer." Der CCM-National Executive Council habe ihn, den Vizepräsidenten und den Premierminister beauftragt, mit den Repräsentanten der Religionsgemeinschaften zu sprechen.

Die führenden Parteileute habe der NEC angewiesen, sich nicht an der Diskussion über die Papiere zu beteiligen. (DN 10.9.09; Citizen 10.9.09)