Aktuelles: Grundrechte: Einschränkungen, Diskussion - 10/2017

Aus Tansania Information
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Eingeschränkte Grundrechte

Parlamentspräsident J. Ndugai drohte dem ACT-Abgeordneten Z. Kabwe, ihm auf unbestimmte Zeit das Rederecht im Parlament zu entziehen. Kabwe wurde festgenommen und im parlamentarischen Ethik-Kommittee vernommen. Er hatte Ndugai mangelhafte Amtsführung vorgeworfen, weil dieser zwei Untersuchungsberichte parlamentarischer Kommissionen nicht dem Parlament, sondern der Regierung vorgelegt hatte. Dies entmündige das Parlament. Kabwe zitierte vor dem Ausschuss eine Reihe von Belegen dafür, dass die Exekutive in unzulässiger Weise das Parlament beeinflusse und zu manipulieren versuche. Dadurch könne die Legislative ihre Kontrollfunktion nicht mehr erfüllen. Der Parlamentspräsident sei ein Erfüllungsgehilfe der Regierung und unterstütze deren Absicht, die Opposition zum Schweigen zu bringen.

Die Oppositionsparteien protestierten dagegen, dass eine Gesetzesnovelle dem Parlament das Recht entzieht, neue Erdöl- und Erdgas-Verträge zu prüfen und über ihre Annahme zu entscheiden. Die Regierung wolle sich damit der Kontrolle entziehen.

Der Anwalt und Journalist G. Ulimwengu erinnerte daran, dass seit Präsident Magufulis Amtsantritt mehr als 400 Oppositionspolitiker/innen unter oft fadenscheinigen Vorwänden festgenommen und länger als erlaubt festgehalten wurden. Abgeordneten dürfe nicht vorgeworfen werden, eine verbotene Versammlung abzuhalten, wenn sie außerhalb ihres Wahlkreises auftreten. Dieses Verbot sei kein Gesetz, sondern nur ein Erlass des Präsidenten. Dennoch benutze es die Polizei immer wieder, um Oppositionsabgeordnete zu schikanieren.

Das von Distrikts- und Regionalchefs häufig missbrauchte Gesetz zur Vorbeugehaft sei ein anachronistisches Überbleibsel aus der autoritären Nyerere-Zeit. Der demokratische Aufbruch der 90-er Jahre sei unter Magufuli dem denkbar schlimmsten „Big Man Syndrom“ gewichen. Die Chadema-Jugendorganisation forderte den Polizeipräsidenten auf, zu erklären, ob die Mitgliedschaft in einer Nicht-CCM-Partei ein Verbrechen sei.

Eine Analyse im Citizen führt die gegenwärtige Repression auf die Verfassung zurück, die auf ein Ein-Parteien-System und einen allmächtigen Präsidenten zugeschnitten sei, der anstelle des Volkes bzw. des Parlaments entscheide. Dieser verstehe Meinungsvielfalt als Hemmnis auf dem Weg zu Industriestaat und Vollbeschäftigung. Nur eine wirklich demokratische Verfassung und ein unabhängiges Parlament könnten dem Land den ersehnten Fortschritt bringen.

Citizen 03.,13.,14.,22.09.17; Deutsche Welle 04.09.17; East African 25.,29.08.17

Kikwete zu Opposition und Regierung

Große Aufmerksamkeit fand eine Stellungnahme Altpräsident J. Kikwetes beim „African Leadership Forum“ in Südafrika. Kikwete rief die regierenden Parteien Afrikas auf, die Oppositionsparteien nicht als Feinde zu betrachten, sondern als Partner zur Förderung demokratischer Prinzipien auf rechtsstaatlicher Basis. Allerdings müssten auch Oppositionelle nach fairen Wahlen ihre Niederlage eingestehen und die Regierung mit konstruktiver Kritik begleiten. Parlamente müssten die jeweilige Regierung wirksam kontrollieren.

Kikwetes Erklärung wurde vielfach als hilfreiche Wegweisung für Tansanias politische Situation begrüßt. Sie könne sowohl der Regierung als auch den Oppositionsparteien helfen, wieder konstruktiv zusammenzuarbeiten. Ein CCM-Sprecher sagte demgegenüber, Kikwetes Äußerung habe nichts mit der aktuellen Lage in Tansania zu tun. Seine Partei behandle politische Gegner nicht als Feinde. Das Verbot politischer Versammlungen diene nur dazu, das Volk zu produktiver Arbeit anzuhalten. „Würden sich denn die jetzigen Oppositionellen im Fall eines Wahlsieges bei der Verwirklichung ihrer Ziele stören lassen?“

Tansania zieht sich aus der von mehr als 70 Staaten übernommenen „Open Government Partnership“ (OGP - Partnerschaft für transparente Staatsführung) zurück. Das Land war 2011 unter J. Kikwete dieser Initiative beigetreten, die Daten zu Staatshaushalt, Landverteilung, Bergbau und Öffentlichen Diensten offenlegen soll. Die OGP werde als von außen auferlegt und als bürokratische Komplikation empfunden und solle gründlich überprüft werden. Das Menschenrechtszentrum (LHRC) wertete den OGP-Ausstieg als ein weiteres Zeichen für abnehmende demokratische Spielräume. „Wir signalisieren der Welt, dass wir nicht transparent sein wollen“. ACT-Parteichef Z. Kabwe kritisierte, mit dem Rückzug aus der OGP gebe man eine wichtige Waffe gegen die Korruption aus der Hand.

Citizen 25.,28.07.; 06.,20.09.17

Annulierte Wahl in Kenia: Reaktionen

Das oberste Gericht Kenias annullierte gegen alle Erwartungen die jüngsten Wahlergebnisse wegen Unregelmäßigkeiten bei der computergestützten Stimmenerfassung und ordnete Neuwahlen an. Dies wurde in Tansania mit großem Interesse registriert und befeuerte die Diskussion um eine Verfassungsreform auf der Basis des Zweiten Entwurfs der Warioba-Kommission, die eine funktionierende Gewaltenteilung ermöglicht. Die geltende Verfassung lässt die gerichtliche Überprüfung von Präsidentenwahlen nicht zu. Zudem ernennt der Präsident sowohl die Mitglieder der Wahlkommission als auch die obersten Richter, was naturgemäß deren Unabhängigkeit beeinträchtigt. Viele bevorzugen das kenianische Modell, wo eine Kommission die obersten Richter ernennt. - Dr. Magufuli ernannte nach achtmonatiger Vakanz Prof. I. Juma (59) zum Obersten Richter (Chief Justice).

Citizen 02.,03.,04.,06.09.17; DN 02.,12.09.17; Guardian 02.,12.09.17

Pressefreiheit

Alle 433 registrierten Presseerzeugnisse müssen sich bis Oktober 2017 neu registrieren. Bereits 2016 hatte die Regierung 473 Periodika die Zulassung entzogen, da sie während dreier Jahre inaktiv waren.

Die Betreiber des Internetportals „JamiiForums“ wurden vor Gericht gestellt, weil sie die Identität von Nutzern nicht preisgaben, die über korruptionsverdächtige Beamte berichtet hatten. Nach dem ominösen Cybercrime-Gesetz droht ihnen eine Geldstrafe von TZS 3 Mill. und / oder Haft bis zu einem Jahr oder Beides.

Das Wochenblatt „Mwanahalisi“ wurde zum zweiten Mal für zwei Jahre verboten, weil der Artikel „Für Magufuli oder für Lissu beten?“ den Präsidenten verunglimpfe und die nationale Sicherheit gefährde. Das vorhergehende Verbot war gerichtlich wieder aufgehoben worden.

Citizen 20.09.17; DN 20.09.17; East African 23.08.17