Thema: Fünf Jahre Fünfte Regierung: Defizite, Kritik - 10/2020

Aus Tansania Information
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Opposition systematisch unterdrückt

Nachdem die CCM bei den Wahlen 2010 und 2015 wachsende Verluste hinnehmen musste (der Oppositionskandidat Lowassa erhielt 40% der Stimmen) und sich auf Sansibar nur durch Wahlmanipulation an der Macht halten konnte, will sie der Opposition keine Chance mehr geben. Beispiele

  • Bei den Kommunalwahlen 2019 wurden Tausende von Oppositionskandidat/innen nicht zur Wahl zugelassen, worauf die Oppositionsparteien die Wahl boykottierten.
  • Regierungskritiker wurden mit Korruptionsvorwürfen, die eine Freilassung auf Kaution ausschließen, in Untersuchungshaft gehalten.
  • Tundu Lissu vermutet nach wie vor, dass hinter dem Attentat, bei dem er durch 16 Schüsse verletzt wurde, staatliche Organe stehen.

Das Büro des Generalstaatsanwalts erklärte, Tansania habe sich vom Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte (AfCHPR) zurückgezogen und könne auch die von 46 afrikanischen Staaten unterschriebene „Charta für Demokratie, Wahlen und Regierungsführung“ nicht unterzeichnen, weil sich daraus Widersprüche zur tansanischen Verfassung ergäben. Die Charta verlangt u.a., dass sich parteiunabhängige Kandidaten zur Wahl stellen dürfen und, dass Wahlergebnisse vor einem Gericht angefochten werden können.

Citizen 05.09.20; DN 06.08.20; East African 03.09.20; Guardian26.08.20

Informationskontrolle und Zensur

Das „Africa Centre for Strategic Studies“ warnte, dass Tananias „demokratisches Experiment durch repressive Gesetze und politische Gewalt“ gefährdet sei. Präsident Magufuli habe „Versammlungen verboten, der Presse einen Maulkorb angelegt, unabhängige Institutionen eingeschüchtert und offene und verdeckte Gewalt gegen politische Gegner und innerparteiliche Dissidenten angewandt“. Die Tansanier lebten in einem Klima der Furcht und Schweigsamkeit. Magufulis autokratischer Regierungsstil widerspreche fundamental dem demokratischen Engagement des Gründungspräsidenten Nyerere. Kennzeichnend sei der beispiellose Absturz Tansanias im Index für Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen von Rang 70 auf Rang 124.

Amnesty International USA äußerte sich ähnlich und verlangte, politische Gefangene wie den Journalisten Erick Kabendera und den Mitarbeiter des Menschenrechtszentrums LHRC Tito Elia Magoti freizulassen.

Der Menschenrechtskommissar der UN äußerte in einem BBC-Interview Befürchtungen, dass Demokratie und Redefreiheit in Tansania ausgehöhlt würden. Außenminister Kabudi wies die Vorwürfe zurück und verwies darauf, dass derzeit 17 Anwärter auf das Präsidentenamt im ganzen Land frei reisen und sprechen können. Die Kritiker Magufulis gönnten diesem seine Erfolge nicht und versuchten ihn anzuschwärzen.

Eine Konferenz des Tansanischen Verfassungsforums JUKATA stellte fest, schon 1992 habe eine Kommission 40 repressive Gesetze moniert. Inzwischen seien 25 weitere Gesetze und Verordnungen dazugekommen, die die Meinungs-, Rede- und Versammlungsfreiheit einschränkten und Vorgaben der Verfassung verletzten. Daher hätten die Leute aufgehört, politische Fragen zu diskutieren, Journalisten müssten sich selbst zensieren, um Repressalien zu vermeiden.

Im Gegensatz dazu gratulierte die (vom Präsidenten ernannte) „Kommission für Menschenrechte und gute Regierungsführung“ Magufuli für die „Stärkung wirtschaftlicher und sozialer Rechte der Bürger“.

Citizen 15.07.20; Daily Nation, Kenia 12.09.20; DN 21.06.20;Guardian 17.09.20

Parteilichkeit

Nach Meinung der Opposition wurden manche Behördenchefs nicht wegen dienstlicher Versäumnisse, sondern wegen unerwünschter Meinungen oder als Sündenböcke gefeuert. So z.B. der Direktor des Nationalen Labors 2020 und die Leiterin des Nationalen Medizinforschungsinstituts 2016.

Oppositionspolitiker kritisierten den Ausbau des Flughafens Chato, Heimatort Präsident Magufulis. Dies sei eine überflüssige Investition, weil nahe bei dem internationalen Flughafen Mwanza gelegen.

Citizen 12., 14.09.19

Gewaltenteilung unzureichend

NROs und akademische Kritiker bedauerten, dass das 11. Parlament seine Aufgaben nicht zureichend erfüllt habe. Die Regierungspartei verstehe sich de facto als Teil der Exekutive, anstatt diese zu kontrollieren. Da zudem viele Abgeordnete unzureichende Kenntnisse haben, könnten sie weder widerrechtliche Ausgaben anmahnen, noch Entwicklungskonzepte hinterfragen. Die übermäßige Machtfülle des Parlamentssprechers müsse begrenzt werden. Das Volk müsse wie früher die Parlamentsdebatten im Fernsehen verfolgen können. Es gehe auch nicht an, dass der Staatspräsident die Mitglieder der Wahlkommission ernennt. Daher sei eine Revision der Verfassung notwendig.

Citizen 15.07.20; Guardian 16.07.20