Aussenbeziehungen ‐ 02/2025

Aus Tansania Information
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Hunger in Afrika

Kommentar von Charles Onyango-Obbo: Vom 9.-11.1.25 findet die Versammlung zum AU-Comprehensive Africa Agriculture Development Programme (CAADP) in Kampala statt. Sie soll den Strategie- und Aktionsplan der CAADP für 2026-2036 diskutieren und die Malabo-Deklaration von Juni 2014 ersetzen, in der sich die AU-Staatslenker verpflichteten, bis 2025 den Hunger in Afrika zu beenden. Tatsächlich hat er aber noch zugenommen. Im Jahr 2022 waren geschätzte 282 Mio. Menschen unterernährt – 20 % der gesamtafrikanischen Bevölkerung und damit 57 Mio. mehr als vor der Covid-19-Pandemie. Im Jahr 2024 sind 163 Mio. Afrikaner von akuter Ernährungs-unsicherheit betroffen – damit hat sich die Zahl von vor fünf Jahren verdreifacht. Für 2030 wird hochgerechnet, dass dann 53 % aller weltweit Hungernden in Afrika leben werden. Gemäß der Malabo-Deklaration wollten die afrikanischen Staaten jährlich mindestens 10 % ihres nationalen Haushalts in Landwirtschaft und in die Entwicklung des ländlichen Raums investieren. Einige Länder sind dem Wert immer wieder nahegekommen, aber fortlaufend erreicht oder gar überschritten hat ihn keines. Beim Start der African Continental Free Trade Area (AfCFTA) 2018 versprach man sich dabei für die Landwirtschaft am meisten und hoffte auf einen gesteigerten afrikanischen landwirtschaftlichen Binnenhandel von 574 % bis 2030. Doch bisher achteten die einzelnen Länder vor allem darauf, gegenüber den anderen nicht ins Hintertreffen zu geraten.

Der dreitägige Gipfel mit mehr als 2.000 Delegierten aus 40 AU-Ländern erarbeitete die CAADP-Kampala-Deklaration mit folgender Zielsetzung:

1. Steigerung der Nahrungsmittelproduktion um 45 % bis 2035.

2. Private und staatliche Investition von 100 Mrd. $ in die Landwirtschaft bis 2035.

3. Reduktion von Unterernährung, Auszehrung und Übergewicht um 25 %.

4. Afrikas Agrar- und Ernährungssystem fit machen gegen Klimawandel, sozioökonomische- und Umweltschocks.

5. Mindestens 30% der landwirtschaftlichen Fläche nachhaltig bewirtschaften und 40 % der Haushalte gegen Umweltschocks sichern bis 2035.

Ugandas Premierministerin Robinna Nabanjja fasst zusammen: „Mehr als 60 % der Bevölkerung Afrikas arbeiten in der Landwirtschaft, wir haben weltweit das meiste Ackerland und das meiste Wasser. Trotzdem fehlen uns Nahrungsmittel und Nährwert.“ Gemäß der Afrikanischen Entwicklungsbank musste Afrika 2021 Lebensmittel im Wert von 100 Mrd. $ importieren, viele davon verarbeitet und hergestellt aus afrikanischen Rohstoffen.

Citizen, 09.01.2025, EastAfrican, 18.01.2025

SADC – Mosambik

Die Regierungen der benachbarten Länder suchen im Dialog nach einem Umgehen mit Gewalt und Unruhen, die in Mosambik nach der Wahl am 9.10.2024 ausbrachen. Die mosambikanische Opposition erkannte das Wahlergebnis nicht an, doch die FRELIMO erklärte ihren Kandidaten Daniel Chapo dennoch zum Sieger. In- und ausländische Beobachter beklagen Regelverstöße. Die von Venâncio Mondlane, dem Oppositionskandidaten der PODEMOS, angeführten Proteste bringen die Wirtschaft zum Stillstand und bewirken Gewaltausbrüche. Es gibt Dutzende Tote und Hunderte Verhaftete. Mondlane muss um sein Leben fürchten und flieht ins Ausland.

Die übrigen Mitglieder der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC), in der auch Mosambik ist, bieten Vermittlung an und dringen auf Dialog. Präsidentin Hassan beklagt als Vorsitzende des SADC-Organs Politik, Verteidigung und Sicherheitskooperation, das Einbrechen des grenzüberschreitenden Handels, die Vernichtung von Infrastruktur und den Verlust an Menschenleben; sie ruft zur sofortigen Einstellung der Feindseligkeiten auf. Es kommt zu Gesprächen zwischen dem abgewähltem Präsidenten Fillipe Nyusi (FRELIMO) und den Oppositionsführern von PODEMOS, Nova Democracia, RENAMO und MDM, die alle das Wahlergebnis ablehnen. Der simbabwische Präsident Emmerson Mnangagwa verlangt als SADC-Vorsitzender, die Opposition solle die Entscheidung von Mosambiks Verfassungsrat akzeptieren, der Chapo mit 65 % zum Sieger erklärt hatte. Vor allem die Binnenländer leiden darunter, dass die grenzüberschreitende Energieversorgung, regionale Handelswege und der Zugang zu den Häfen außer Funktion sind. Eswatini kann seinen Zucker nicht in die USA und in die EU exportieren, Sambia muss für seinen Kupferabbau den Strom nun aus Simbabwe beziehen und Malawi, das Treibstoffe bisher über Beira und Nacala erhielt, wird in Zukunft über Dar es Salaam versorgt.

Das Zimbabwe Council of Churches (ZCC), deren Delegation sich vom 16.-18.12.2024 ein Bild von der Lage im Land gemacht hat, kommt zu dem Schluss, dass die Proteste, vor allem von der Jugend und Frauen aufrechterhalten, tiefere Ursachen haben, die da sind, hohe Lebenshaltungskosten, hohe Arbeitslosigkeit, Aussichtslosigkeit v.a. der Jugend.

Am 9.1.2025 kehrte Venâncio Mondlane aus dem Exil zurück, am 15.1.2025 wurde Daniel Chapo als neuer Präsident vereidigt und am 21.1.2025 erklärt Venâncio Mondlane unter welchen Bedingungen er sich an der Regierung beteiligen würde.

East African, 04.01.2025, BBC 21.01.2025

USAid

Die Entscheidung der US-Regierung, Entwicklungshilfe für 90 Tage auszusetzen, lässt 60 NGOs, die in Tansanias in der Landwirtschaft und hier insbesondere in der Frauen- und Jugendförderung engagiert sind, im Regen stehen. Gültig ist die Aussetzung der amerikanischen Entwicklungshilfe ab dem 24.1.2025. Sie bewirkt Verunsicherung, Produktionsrückgang sowie Arbeitsplatzverlust und betrifft vor allem den Gemüseanbau. Gleichfalls betroffen sind Gesundheitsinitiativen etwa im Bereich der Medikamente gegen HIV/Aids und Malaria sowie Erziehungsprogramme wie frühkindliche Leseförderung und Förderprogramme für weibliche Jugendliche.

Der Landwirtschaftsökonom Dr. Letengano Mwinuka aus Dodoma sieht in der Krise eine Gelegenheit für die Regierung, nationale Projekte neu zu bewerten. Gesundheit und Landwirtschaft seien eng miteinander verbunden und die Regierung müsse sofort handeln, um die Einschnitte v.a. in der Medikamentenversorgung auszugleichen. Interessenvertreter haben sich bereits an das Büro des Premierministers gewandt, damit Schritte eingeleitet werden, um v.a. die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten.

Citizen 28.01.2024

DR Kongo: M23-Konflikt

Die DR Kongo beschuldigt Ruanda, die M23-Rebellen in der Kivu-Provinz in der DR Kongo zu unterstützen. Dem entsprechend beschwert sich die kongolesische Regierung beim Sicherheitsrat der UN am 17.12.2024. Seit dem 4.1.2025 rücken die M23-Rebellen in der Region Masisi in Kivu vor, erobern im Laufe des Januar Minova, Katale und Sake. Beim Kampf um Goma (2 Mio. Einwohner) kommen 13 Friedenssoldaten u.a. von der MONUSCO ums Leben. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen teilt mit, dass seit Anfang 2025 im Osten der DR Kongo 400.000 Menschen auf der Flucht sind. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas verurteilt am 25.1. im Namen der EU die militärische Präsenz Ruandas in der DR Kongo aufs Schärfste. Die DR Kongo bricht am 24.1. die diplomatischen Beziehungen zu Ruanda ab. Am 27.1. verkünden die M23-Rebellen die Einnahme von Goma. UN-Generalsekretär António Guterres fordert die ruandischen Streitkräfte auf, die Unterstützung der M23 einzustellen; offenbar befinden sich 1.000 ruandische Soldaten in der DR Kongo. Präsident Félix Tshisekedi weigert sich, direkt mit M23-Vertretern zu verhandeln. Die M23-Rebellen rücken nach der Einnahme von Goma auf Bukavu vor und schließen einen Marsch nach Kinshasa nicht aus.

Die M23-Rebellen sind die Freiheitskämpfer der Minderheit der Banyamulenge, bzw. der kongolesischen Tutsi. Sie waren vor 1885 in den heutigen Kongo eingewandert. Staatspräsident Mobutu Sese Seko (1965-1997 Präsident der DR Kongo/Zaire) aberkannte ihnen die Staatsbürgerschaft und ordnete ihre Vertreibung nach Ruanda und Burundi an. Im Völkermord in Ruanda 1994 sympathisierte Mobutu mit den Hutu. Nachdem die Ruandische Patriotische Front unter der Führung von Paul Kagame, dem heutigen Präsidenten von Ruanda, den Völkermord an den Tutsi beendet hatte, ließ Mobuto bis zu 1 Mio. Hutus – sogenannte „Génocidaires“ – ins Land, wo sie eine Miliz namens Democratic Forces for the Liberation of Rwanda (FDLR) gründeten. 1997 halfen die Banyamulenge Laurent-Désiré Kabila (1997-2001 Präsident der DR Kongo), Mobutu zu stürzen, wurden dann aber übergangen, als Tutsi ethnisch diskriminiert und durch die FDLR schikaniert. Ruanda überfiel den Ostkongo nach 1994 zweimal, um Génocidaires zu fassen und gegen die FDLR vorzugehen, und wurde dabei von den Banyamulenge unterstützt. Die Banyamulenge fordern ein Ende ihrer Staatenlosigkeit. Sie fühlen sich eher Ruanda zugehörig und sprechen eine dem Kinyarwanda sehr ähnliche Sprache.

Guardian, Citizen, 30.01.2024, BBC, 31.01.2024

Ein maßgeblicher Bestandteil des Konflikts sind die in der Provinz Kivu vorhandenen Bodenschätze. In UN-Berichten und von der DR Kongo wird Ruanda beschuldigt, Monat für Monat Gold und bis zu 150 Tonnen in Kivu gestohlenes Coltan auf eigene Rechnung zu exportieren.

Reuters, 28.01.2025, BBC, 31.01.2025