COVID-19 Epidemie in Tansania - 02/2021

Aus Tansania Information
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Lage bei Redaktionsschluss

In Tansania hat im Januar offenkundig eine neue Welle von Coviderkrankungen eingesetzt. Präsident Magufuli verkündete weiterhin, dass es in Tansania kein Covid gebe. Seit Juli ist es gesetzlich verboten, ohne Zustimmung der Regierung Informationen über ansteckende Krankheiten zu verbreiten, was die Presse und die Zivilgesellschaft teils zum Schweigen, teils zu vorsichtigen Umwegen bei der Ansprache des Problems bringt. Nur vom Ausland her und im anonymisierten Teil der sozialen Medien, etwa auf den immer noch bestehende Jamiiforums, können Meinungen offen und kontrovers diskutiert werden.

Nachdem sich Meldungen über Todesfälle wegen „Lungenkrankheiten“ häuften, brachte zum Monatsende zunächst ein Aufruf der katholischen Bischofskonferenz, gefolgt von einer Stellungnahme der Lutheraner, Bewegung in die öffentliche Debatte (vergleiche Abschnitt „Religionsgemeinschaften“). Bei Redaktionsschluss wurde durch die Partei ACT die Nachricht verbreitet, dass ihr Vorsitzender Seif Hamed Sharif, zugleich Vizepräsident in der Einheitsregierung Sansibars, mit seiner Frau an Covid erkrankt sei. Eine Reaktion der Regierung auf diese nach dem Buchstaben des Gesetzes illegale Mitteilung gab es noch nicht. Anders als bei vorherigen Covidmeldungen könnte in diesem Fall das schlichte Leugnen schwerfallen und es kann spannend zu sehen sein, auf welchem Wege man sich der Tatsache stellt.

Citizen 01.02.21

Kurzer Rückblick

Seit Mai 2020 hatte das Leben in Tansania einen ziemlich normalen Gang ohne Beschränkungen genommen. Im Juni und Juli verschwanden allmählich die Masken von den Gesichtern, ebenso wurden die Wassereimer zum Händewaschen vor den Geschäften seltener und nicht mehr aufgefüllt. Man hörte kaum noch von Erkrankungen, die nach Covid aussahen, und die Fallstatistik wurde auf die Zahl 509 eingefroren. Von den Tests, die im Nationalen Labor laufend für Auslandsreisende durchgeführt werden, wurde nichts veröffentlicht und die Zahlen anscheinend weder von der Presse noch im Parlament nachgefragt.

Entwicklungen Anfang Januar

Anfang Januar wurden die Gebühren für Covidtests für Auslandsreisende auf Tsh 230.000 ($100) erhöht. Bis dahin hatten Tansanier Tsh 40.000 und ansässige Ausländer 70.000 gezahlt, während die Gebühr für Touristen $ 100 betrug.

Mitte Januar traute sich die Zeitung Citizen, einen Kommentar von Eidan Eyakuze (Eyakuze ist Landesdirektor der ostafrikanischen Organisation Twaweza und seit 2 Jahren mit Passentzug und somit Ausreisesperre belegt) abzudrucken, in dem dieser die tansanische Covidpolitik als Mutprobe bezeichnete. Er hütete sich dabei sorgfältig, irgendwelche Tatsachenbehauptungen über das Vorhandensein von Covid auszusprechen. Wenn es stimme, dass es in Tansania kein Covid gibt, dann könne das Land auch ohne Impfungen auskommen. Angesichts der im Dezember mit russischen Touristen vollen Hotels auf Sansibar würde er sich fragen, ob vielleicht das Virus wieder zurück sein könnte, selbst wenn es wirklich im Mai verschwunden war. Wenn Tansania aber weiterhin die Frage nach Covid-19 offiziell als unwichtig behandle, könnte es sich beim Wettbewerb um die jetzt schon knappen Covid-Impfungen selbst an das Ende einer sehr langen Warteliste befördern. Das wiederum könne langfristige wirtschaftliche Folgen für den Tourismus haben. Tansania habe jetzt kurzfristig vom Verzicht auf Einreisesperren profitiert, aber langfristig sei es als Land ohne Impfstrategie ein sicherer Kandidat für Reisewarnungen in einer Welt, in der der Tourismus wieder auflebt. Man werde sehen, wer bei dieser Mutprobe zwischen dem Virus und einem Land zuerst zurückzucken wird.

Citizen 07.1.,18.01.21, Globalvoices 26.01.21

Ein-nicht-Covid-Fall in Moshi

Am 20. Januar meldeten die sozialen Netze, dass laut Netzseite der Internationalen Schule Moshi eine Klasse wegen eines Covidfalls in den Fernunterricht geschickt wurde. Moshis Bürgermeister wurde im Radio nach seiner Reaktion gefragt; er bezeichnete den Bericht als unwahr und wunderte sich, wie jemand nur solche Nachrichten verbreiten könne, obwohl die Befugnisse dafür in Tansania klar geregelt seien. Dies müsse Konsequenzen haben. Es handele sich um einen Angriff auf die Wirtschaft seiner Stadt. Am folgenden Tag wies die Regionalkommissarin Anna Mghwira alle Gerüchte zurück, die Schule sei wegen Covid geschlossen worden. Es gebe einige Vorsichtsmaßnahmen, weil eine Familie das Gefühl hatte, ihre Kinder wiesen Covidsymptome auf. Gleichzeitig entschuldigte sich die Schulleitung dafür, Unruhe verursacht zu haben. Die Schule sei nicht geschlossen. Auf das ursprünglich gemeldete positive Testergebnis bei einem Schüler ging niemand mehr ein. - Auf Jamiiforums kommentierten Leser kontrovers; einer berichtete, beim Besuch in einem großen Krankenhaus in Moshi Maskenzwang und eine volle Covidstation angetroffen zuhaben; ein anderer forderte auf, dem Präsidenten zu vertrauen, der schließlich die bessere Übersicht über die wirklichen Verhältnisse habe.

Citizen 22.01.21, Jamiiforums ab 20.01.21, Mwananchi 21.01.21

Gesundheitsminister nach dem Aufruf der Bischöfe

Nach dem Aufruf der katholischen Bischofskonferenz vom 25. Januar zur neuen Welle von Covidinfektionen (siehe Abschnitt Religionsgemeinschaften) reagierte am Folgetag zunächst der stellvertretende Gesundheitsminister und Arzt G. Mollel mit einer Erklärung, dass es keine aktuelle Bedrohung durch Covid-19 in Tansania gebe. Wenn sich das ändere, werde die Regierung die Öffentlichkeit informieren. Alle diesbezüglichen Meldungen entstammten nur dem Internet; man solle die Wissenschaftler in Ruhe arbeiten lassen und abwarten, bis die Regierung offizielle Informationen zu melden hat. Wenn zum Händewaschen geraten werde, bedeute dies nicht, dass es Covid gebe, dies helfe gegen viele Krankheiten. Lungenkrankheiten gebe es auch schon lange, ihr Vorkommen sei kein Beweis für Covid.

Citizen 27.01.21, Mwananchi 27.01.21

Magufuli über Inhalieren, Gebet, Arbeit und Impfung

Der Präsident äußerte sich in einer Rede am 27. Januar wieder zur Covidthematik und ging dabei nicht direkt auf den Aufruf der katholischen Kirche ein, der er selber angehört. „Wir in Tansania haben uns nie (wegen Covid) eingeschlossen, und ich habe nicht vor, je eine Einschließung zu verkünden. Unser Gott ist lebendig und wird weiter die Tansanier behüten. Wir werden weiter Vorsichtsmaßnahmen einhalten und Dampf inhalieren (kujifukiza). Inhaliere, bete zu Gott und dann bestelle deinen Acker mit Mais und Kartoffeln und iss dich satt.“ Zum Thema Impfung führte er aus: „Man wird euch Angst einreden wollen, liebe Mitbürger, aber steht fest! Ich weiß, dass es einige Tansanier gibt, die schon ins Ausland zum Impfen gefahren sind, jetzt kommen sie zurück und bringen uns Corona… Diese Impfungen sind gefährlich, wenn die Weißen (wazungu) wirklich Impfungen herstellen könnten, hätte sie längst eine gegen Aids gebracht, gegen Tuberkulose und die Krankheit wäre längst weg, sogar eine Impfung gegen Malaria und Krebs gäbe es längst. Wir Tansanier müssen aufpassen bei den Sachen, die uns von außen gebracht werden…. Glaubt bitte nicht, dass sie uns besonders lieben. Dieses Land ist reich, Afrika ist reich, und alle sind auf unseren Reichtum neidisch. Wir müssen sehr vorsichtig sein.“

Das Gesundheitsministerium müsse aufpassen, dass nur Impfstoffe zugelassen werden, die von den eigenen Fachleuten getestet und zugelassen sind. Tansania dürfe kein Land werden, in dem Impfstoffe ungehindert an Menschen ausprobiert werden.

Citizen 27.01.21, Mwananchi 27.01.21

Stimmen aus anderen Bereichen der Regierung

Offenkundig sind nicht alle in der Regierung vollständig auf der nicht mehr ganz klaren Linie des Präsidenten, ohne das offen sagen zu können. Bereits vor der Erklärung der Katholiken sprach der Finanzminister Philip Mpango vor den Bediensteten seines Ministeriums und forderte sie auf, alle Vorsichtsmaßnahmen gegen Corona einzuhalten. Es gebe derzeit zwar keine Fälle in Tansania, aber sie sollten dringend alle vom Gesundheitsministerium genannten Maßnahmen beachten und dies auch an ihre untergeordneten Dienststellen weitergeben.

Das Gesundheitsministerium empfiehlt für den Arbeitsplatz Maskentragen, Händewaschen und die Vermeidung von Menschenmengen, ohne dabei die Stichworte Corona oder Covid zu nennen.

Shein: „Lasst uns keine Witze über Corona machen. Bürger, stellt euch nicht stur, sondern befolgt die Ratschläge der Regierung!“, gefolgt von der Aufforderung „Schütze dich vor den Coronaviren…“

Am 29. Januar interpretierte der Regierungssprecher Hassan Abbas in eine Radiointerview die Worte des Präsidenten dahingehend, dass Tansania selbstverständlich alle Vorsichtsmaßnahmen gegen das Virus einhalte. Die Vorsichtsmaßnahmen gegen Corona seien nie außer Kraft gesetzt worden. Es seien jetzt die vom Präsidenten genannten Maßnahmen einzuhalten. Tansania habe das Virus mit seinen eigenen wissenschaftlichen Methoden unter Kontrolle gehalten. Tansania habe alle international üblichen Maßnahmen eingehalten mit Ausnahme der Einschließungen (lockdown).

Am 30. Januar verkündete der im Präsidialamt angesiedelte Minister für lokale Verwaltung S. Jafo eine einwöchige Kampagne gegen Corona, die entsprechend der Empfehlung des Präsidenten vor allem aus täglichem Inhalieren (kupiga nyungu / kujifukiza), Gebet und Früchteessen bestehen soll, indes die tägliche Arbeit weitergehe. In den sozialen Netzwerken gab es zahlreiche Rückfragen, wofür man denn inhalieren solle, wenn es doch gar keinen Virus im Lande gebe? Ein Regierungssprecher fügte hinzu, wer sich unbedingt absondern wolle, könne das ruhig tun, seitens der Regierung werde es mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage hierzu keine Anordnung geben.

Mwananachi 26.01., 30.01.21, Voaswahili 28.01.21, https://mohz.go.tz 30.01.21