Innenpolitik ‐ 07 + 08/2022

Aus Tansania Information
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Erstaunliche Öffnung

Bei einem Konzert des Rappers Joseph Mbilinyi, bekannt unter seinem Künstlernamen Sugu, waren sowohl Präsidentin Samia als auch Chademavorsitzender Freeman Mbowe im Publikum. In einem Kommentar des Citizen wurde dies als ein vor wenigen Monaten noch undenkbares Zusammentreffen bezeichnet, insbesondere da Mbilinyi bis zur letzten Wahl Chademaabgeordneter im Parlament gewesen war. Man müsse ihre Gegenwart als Zeichen für ihre Entschlossenheit sehen, tatsächlich eine Versöhnung nach den politisch katastrophalen Jahren unter ihrem Vorgänger Magufuli voranzubringen. Sie habe dabei aber noch viel Arbeit vor sich.

Citizen 10.06.22

Dodoma bleibt Regierungssitz

Die tansanische Regierung hat Gerüchte dementiert, wonach der Regierungssitz wieder nach Dar es Salaam zurückkehren soll. Staatsminister George Simbachawene erklärte im Parlament, man habe bereits viel in den Umzug nach Dodoma investiert und es gebe keinen Plan zur Rückkehr nach Dar es Salaam. Seine Stellvertreterin Ummy Nderiananga ergänzte, dass alle Dienste der Regierung auch in den Regionen verfügbar seien und die Bürger von Dar es Salaam deshalb nicht nach Dodoma reisen müssten. Insgesamt baue die Regierung die elektronischen Dienstleistungen aus, damit Bürger nicht mehr so viel persönlich zu den Behördenstandorten reisen müssen. - Dodoma war bereits 1973 zur Hauptstadt erklärt worden, aber die Behörden hatten sich lange gegen den Umzug gewehrt. Erst der verstorbene Präsident Magufuli setzte seit 2016 durch, dass alle Ministerbüros und die Spitzen der Verwaltung nach Dodoma kamen, wo im Vorort Mtumba ein neues Regierungsviertel entstand.

Mwananchi 23.06.22

Hochrangige Verkehrshindernisse

Im Parlament kritisierte der Abgeordnete Ally Jumbe (Kyela, Region Mbeya) die häufigen Straßensperrungen bei Reisen von Regierungsmitgliedern. Es ginge nicht an, dass eine Fernstraße morgens um 6 gesperrt wird, weil 5-6 Stunden später ein Minister dort entlangfahren will. So könne das Land nicht seine Wirtschaft entwickeln. Die Minister könnten auch einen Hubschrauber benutzen. Auch in den Städten sei es nicht nötig, den Verkehr lange lahmzulegen, dafür gebe es schließlich moderne Technik, mit der zeitnah klären kann, wann aus Sicherheitsgründen eine Straße zu sperren ist.

Mwananchi 20.06.22

CCM und Verfassung

Zur Überraschung nicht weniger Beobachter erklärte die „ewige Regierungspartei“ CCM nach einer Sitzung ihres Parteirats im Juni, dass sie auf eine Änderung der Verfassung drängt. In den letzten Jahren war diese Partei vor allem durch ihre Ablehnung der Verfassungsreform aufgefallen.

Beim letzten Versuch dazu hatte die CCM-Mehrheit 2014 verhindert, dass ein Entwurf in die Volksabstimmung kam, der eine Beschneidung der Macht des Präsidentenamts, eine unabhängige Wahlkommission und die Möglichkeit zur gerichtlichen Überprüfung von Präsidentschaftswahl-ergebnissen vorsah. Der 2015 gewählte Präsident Magufuli hatte daraufhin erklärt, dass die Verfassung bis auf Weiteres kein Thema sei, Tansania müsse erst mal arbeiten und die Wirtschaft aufbauen.

Parteisprecher Shaka Hamdu Shaka begründete die neue Haltung damit, dass die Partei die Bemühungen von Präsidentin Samia um eine nationale Versöhnung unterstützt. Deshalb unterstütze seine Partei auch Bemühungen, die laufenden politischen Gerichtsverfahren gegen Mitglieder der Oppositionspartei Chadema zu beenden. Er würdigte auch die bisherigen Ge-spräche zwischen CCM und Chadema.

Während viele Kommentatoren die Erklärung der CCM begrüßten, gab es auch Skepsis. Der langjährige Kommentator Jenerali Ulimwengu stellte in Frage, ob sich die Präsidentin hier wirklich in ihrer Partei durchsetzen werde. Es wäre eigenartig, wenn die CCM wirtlich all die Privilegien aufgibt, die ihr bislang die Macht gesichert haben.

East African 27.06.22, Nipashe 23.06.22, Reuters 22.06.22

Die 19 Sonderabgeordneten

Der Kampf der 19 weiblichen Sonderabgeordneten auf dem Ticket der Oppositionspartei um ihre Parlamentssitze scheint vorüber zu sein. Ein Gericht in Dar es Salaam lehnte ihre Klage gegen den Parteiausschluss ab. Damit müssten sie ihre Abgeordnetensitze verlieren. Da das Urteil sich aber auch auf formelle Fehler in ihrer Klage bezog, reichten sie eine erneute Klage ein.

Nach der manipulierten Wahl von 2020 hatte die vorherige Hauptopposition Chadema fast alle ihre direkt gewählten Abgeordneten verloren. Ihr standen aber aufgrund ihrer erzielten Stimmenzahl 19 Sitze der weiblichen Sonderabgeordneten zu, die nach der prozentualen Stimmverteilung vergeben werden. Die (männliche) Parteiführung erkannte die Wahl nicht an und verlangte eine Wiederholung. Deshalb nominierte sie auch keine weiblichen Sonderabgeordneten. Dies traf auf den Widerspruch der Frauenorganisation, die bereits eine Vorauswahl getroffen hatte. Deren Vorsitzende Halima Mdee reichte dann auf noch nicht geklärtem Wege und nicht öffentlich eine Liste ein, die von der Staatlichen Wahlkommission für gültig erklärt wurde. Im Oktober 2020 kam es zu einer überraschenden Zeremonie, bei der der damalige Parlamentspräsident Job Ndugai die 19 Frauen als Abgeordnete vereidigte.

Bei Redaktionsschluss gab es noch kein Urteil zur wiederholten Klage der 19 Frauen.

Mwananchi 22.06.22

Neuer Armeechef

Präsidentin Samia hat den Generalmajor Jacob Mkunda zum 4-Sternegeneral und neuen Kommandeur der tansanischen Streitkräfte ernannt. Er übernimmt den Posten des Generals Venance Mabeyo, der nach 7 Jahren in dieser Funktion in den Ruhestand geht. Mkunda hat in den letzten Jahren einen schnellen Aufstieg gehabt. Anfang 2020 übernahm er als Brigadegeneral die tansanischen Panzertruppen, wurde Anfang 2021 bereits als Kommandeur der Landstreitkräfte genannt und war zuletzt als Generalmajor der Leiter des Einsatzstabes im Verteidigungs-ministerium.

Mwananchi 29.06.22

Samias Ziele

In einem offenen Brief, der in den Zeitungen des Landes erschien, formulierte Präsidentin Samia aus Anlass des 30. Jahrestages seit Einführung des Mehrparteiensystems die Ziele ihrer Regierung. Sie kündigte Änderungen im Wahlrecht an, die den Bürgern eine freie Wahl ermöglichen sollen. Sie arbeite auf die “4 R - Reconciliation, Resiliency, Reforms and Rebuilding” hin: Versöhnung, Stabilität, Reformen und Wiederaufbau. Dafür seien die gleichen Rechte aller vor dem Gesetz wichtig und wirtschaftliche Chancengleichheit. Sie wisse, dass niemand von Versöhnung und Reformen satt werde, deshalb müsse Wirtschaftswachstums mit Resultaten für alle das Hauptziel sein.

Viele Kommentatoren begrüßten die Erklärung als beispielhaften Anfang eines Dialoges mit den Bürgern. Aus der Chadema gab es Kritik, dass Samia nichts zum Thema Verfassungsreform sagte.