Justizwesen, Polizei ‐ 07 + 08/2022

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Justizwesen, Polizei ‐ 07 + 08/2022

Polizeigewalt

Die tansanische Menschenrechtskommission (Commission for Human Rights and Good Governance) hat einen Bericht über Polizeigewalt vorgelegt. Die Kommission hatte von 2020 bis 2022 in 13 Regionen Untersuchungen angestellt und stellte eine weitverbreitete Praxis von Misshandlungen, Folter, unrechtmäßiger Inhaftierung und Korruption fest. Demgegenüber werde gegen Polizisten, die auf solche Art das Gesetz brechen, nur mit geringen Disziplinarstrafen vorgegangen, sofern die Vorfälle öffentlich werden.

Die Kommission stellte fest, dass Gewaltanwendung bei Verhören von Verdächtigen häufig vorkommt und dass in manchen Fällen die Polizeifolter auch zum Tode führt.

Der Vorsitzende Richter Mathew Mwaimu forderte die Einrichtung von unabhängigen Stellen, die solche Vorkommnisse untersuchen und kritisierte die Praxis, dies der Polizei selber zu überlassen.

Die Zeitung konnte keine Stellungnahme der Polizeileitung zu den Beschlüssen erhalten. Der Innenminister kündigte eine Kommission an, die an einer Lösung arbeiten soll.

Die Kommission ist eine unabhängige staatliche Einrichtung, die auf der Grundlage eines Gesetzes aus dem Jahre 2006 von einem Richter geleitet wird und Beschwerden aus der Gesellschaft nachgeht. Feststellungen, Beanstandungen und Empfehlungen der Kommission sollen von den staatlichen Stellen innerhalb von 3 Monaten behandelt werden; die Kommission kann Klage erheben, wenn dies nicht oder unzureichend geschieht.

In der Presse wurde aus dem Anlass des Berichts auf Todesfälle im Jahr 2022 hingewiesen, bei denen Bürger durch Polizeiaktionen umkamen. Der Mwananchi zählte auf: Den Raubmord an einem Händler im Januar, an dem in Mtwara leitende Beamte beteiligt waren, zwei Vorfälle im Februar in den Regionen Morogoro und Tabora, bei denen Verdächtige auf den Polizeistationen bei der Vernehmung so stark gefoltert wurden, dass sie kurz nach ihrer Entlassung im Krankenhaus starben; den Vorfall mit Todesfolge vom 14. März im Fußballstadium von Kigoma, in dem ein Polizist in die Menge schoss, als er mit Steinen beworfen wurde, den Tod eines Dorfbewohners bei Morogoro, der im Mai erschossen wurde, als er vor Polizisten weglief, ebenfalls im Mai den Tod eines Raubverdächtigen, der von der Wache “wegen plötzlicher Erkrankung” uns Krankenhaus gebracht wurde, wo er starb; die Familie stellte schwerste Verletzungen fest.

Citizen 04.06.22. Mwananchi 05.06.2

Tote am Bergwerk

In der Region Shinyanga hält die Auseinandersetzung um den Tod des 25jährigen Cosmas Hamisi an, der im März von einem Polizisten erschossen wurde. Laut Polizei wurde Hamisi auf dem Gelände des El-Hilal Diamantenbergwerks bei Kishapu von Polizisten angetroffen; dabei habe er versucht, einem Polizisten die Waffe zu entreißen, der daraufhin in Notwehr geschossen habe. Laut Familie des Verstorbenen wurde er aber außerhalb des Bergwerksgeländes aus größerer Entfernung getötet. Der Leiter der Kriminalpolizei hatte der Familie einen Betrag von TSh 100.000 für die Bestattung übergeben. Laut Polizei stammte das Geld von der Firma El-Hilal, was ein Sprecher der Firma aber verneinte.

Im April hatte Innenminister Masauni gegenüber der Presse erklärt, dass dieser Todesfall untersucht werden müsse, um gegebenenfalls Schritte gegen den Schützen einzuleiten. Der regionale Polizeikommandant sagte dazu im Juni, dass es sich um einen klaren Fall von Notwehr des Polizisten handele. Alle Polizisten seien nochmals auf die Regeln für den Schusswaffengebrauch hingewiesen worden, der nur als letztes Mittel gestattet sei.

Im Mai war es zu einer weiteren Tötung eines Anwohners des Bergwerks gekommen, als eine Gruppe von jungen Leuten in das Bergwerksgelände eingedrungen war, um hier nachts in einem See zu fischen. Dabei hatte ein Angehöriger der Sicherheitsfirma einen der jungen Leute erschossen. Ein weiterer junger Mann gab an, er habe sich durch Untertauchen im See vor den Wächtern gerettet. Der Schütze ist flüchtig. 4 weitere Angestellte des Sicherheitsdienstes wurden verhaftet.

Malunde.com 24.05.22; Nipashe 23.05. +11.06.22

Lynchjustiz

Ein neuerlicher Fall von Lynchjustiz wird aus Morogoro berichtet. Im Dorf Kiziwa am Fuße der Uluguruberge hatte ein Dorfbewohner seinen Nachbarn umgebracht, als er ihn mit seiner Frau in flagranti antraf. Er floh und wurde eine Woche später in einem Nachbarort erkannt und vom Dorfvorsteher in seinem Büro festgesetzt. Die Polizei wurde benachrichtigt. Vor dem Büro versammelten sich wütende Einwohner und verlangten die Herausgabe des Beschuldigten. 2 Polizisten trafen auf einem Motorrad ein und nahmen den Häftling zwischen sich. Sie wurden von einer größeren Zahl von Dorfbewohnern auf Motorrädern verfolgt. Im nächsten Ort war die Straße mit Steinen und Ästen blockiert, wodurch das verfolgte Polizeimotorrad stürzte. Die Polizisten verletzten sich beim Sturz. Die Menschenmenge ergriff den Häftling, der mit Steinwürfen und Buschmesserhieben getötet wurde.

Der regionale Polizeikommandant kritisierte das Verhalten der beteiligten Dorfbewohner und kündigte eine Untersuchung an.

Mwananchi 29.06.22

Polizeiskandal in Mwanza

Ein Gerichtsreporter des Citizen berichtet im Juni über die Folterung von 12 jungen Männern durch die Polizei. Sie waren unter dem Verdacht der Brandstiftung verhaftet worden und wurden 19 Tage festgehalten und verhört, ohne einem Haftrichter vorgeführt zu werden. Auf der Hauptwache von Mwanza hätten sich alle nackt ausziehen müssen, im Verhörzimmer habe ein Totenschädel auf dem Tisch gelegen, den sie hätten küssen müssen. Sie seien dann im Verhör mit Stromkabeln und Buschmessern geschlagen worden.

Auch die Eltern eines Verhafteten gaben an, bei der Festnahme ihres Sohnes im eigenen Haus von den Polizisten geschlagen worden zu sein. Ein weiterer Vater berichtete, dass er selber 2 Tage lang auf der Wache eingesperrt wurde, als er seinem Sohn nachspürte und gegen dessen Festnahme protestierte. Andere Angehörige berichteten dem Reporter, sie seien tagelang von Polizeistation zu Polizeistation gezogen, um ihre Söhne zu finden, aber jeweils weggeschickt worden.

Ein Sprecher der regionalen Polizeibehörde wies alle Vorwürfe zurück und behauptete, niemand werde unter Hinzuziehung von Stromkabeln verhört.

Die Häufung solcher Berichte könnte damit zu tun haben, dass in den letzten Monaten der Spielraum für die Presse wieder größer geworden ist. Unter dem verstorbenen Präsidenten Magufuli wurden Reporter immer wieder nach kritischen Berichten verhaftet und Repressalien unterworfen, in einigen Fällen kam es auch zum “Verschwinden” von Zeitungsberichterstattern.

Mwananchi 21.06.22

Prozess gegen Ole Lengai

In der Prozessserie gegen Ole Lengai, den ehemaligen Distriktskommissar von Hai (Region Arusha) errang dieser einen Freispruch. Ein Richter sprach ihn von einer Anklage wegen Wirtschaftsverbrechen frei. Er befand die Anklageschrift für fehlerhaft; die vorgebrachten Zeugenaussagen konnten die Anklagepunkte nicht beweisen. Ole Lengai und seine Mitangeklagten sind weiterhin in Haft, da gegen sie ein weiteres Verfahren wegen Wirtschaftsverbrechen anhängig ist. Der hohe Beamte, der vom verstorbenen Präsidenten Magufuli protegiert worden war, soll mehrfach von Geschäftsleuten Geldbeträge unter Gewaltandrohung erpresst haben.

Citizen 10.06.22, Mwananchi 10.06.22

Korruptionsanklage gegen Stadtdirektor von Arusha

Der bisherige Stadtdirektor von Arusha und 4 leitende Angestellte seiner Verwaltung wurden jetzt wegen einer Korruptionsanklage vor Gericht gestellt. Im Mai hatte der Abgeordnete von Arusha Mrisho Gambo bei einer öffentlichen Veranstaltung mit Premierminister Majaliwa Korruptionsvorwürfe gegen den Stadtdirektor sowie den Vorsitzenden des CCM-Jugendverbandes vorgebracht. Gambo war deshalb aus dem Jugendverband heraus scharf kritisiert worden, seine Vorwürfe führten jedoch zur Suspendierung von 6 Angestellten der Stadtverwaltung. Die Untersuchung durch den staatlichen Rechnungshof führte jetzt zur Anklageerhebung. Die Beschuldigten kamen in Haft, da sie die Kaution von TSh 32 Mil (ca. € 13000) nicht aufbringen konnten.

Mwananchi 28.05. + 17.06.22

Freispruch

Zwei wegen Korruption angeklagte Mitarbeiter der Umweltschutzbehörde wurden jetzt in Dar es Salaam freigesprochen. Sie waren angeklagt gewesen, ein Gutachten über den Bau von Tankstellen gefälscht und sich einen Vorteil von TSh 18,5 Mil. (€ 7500) verursacht zu haben. Der Richter befand, dass die vorgelegten Beweismittel der Anklage nicht ausreichen, ein Verschulden zu beweisen.

Mwananchi 17.06.22