Zu Problemen und Aufgaben der Frauen - 12/2009

Aus Tansania Information
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Zu Rolle und Ansehen

Einige Lehrkräfte, Journalisten und Geistliche drängten die Regierung, in Primar-, Sekundar- und Hochschulen Sexualkunde einzuführen, damit die Jugendlichen Entwicklungsfragen kritisch sehen und vor allem erkennen können, wie die Ungleichheit der Geschlechter die Ausbreitung der Infektion mit dem HIV fördert. 6,6 % der Frauen sind mit dem HIV infiziert, 4,6 % der Männer. Unterricht helfe den Jugendlichen Klischees, Kultur und Normen, ihre Einstellung insgesamt zu verändern. Viele Ethnien seien noch immer überzeugt, dass ein Junge einem Mädchen überlegen sei, deshalb Zugang zu dem größten Teil der Mittel bekommt, die Mädchen abhängig gehalten werden. (DN 31.8.09; Guardian 4.5.09)

Das alle zwei Jahre stattfindende viertägige Gender Festival soll auf die Not der Frauen aufmerksam machen und darauf, wie sie von der Gesellschaft als Sexobjekte und Untergeordnete behandelt werden, obwohl es Frauen gibt, die höchst verantwortungsvolle Aufgaben erfüllen. Das Treffen wird vom Tanzania Gender Networking Programme (TGNP) in Kooperation mit Fem Act organisiert. (DN 12.9.09; Guardian 9./16.9.09)

Zur Eheschließung

Bei einer vom Legal and Human Rigths Centre (LHRC) organisierten Tagung baten Menschenrechtsaktivisten die Parlamentarier, die diskriminierenden Eherechte abzuschaffen. Die Gesetze, die 1971 in Kraft traten, verstießen gegen die Verfassung, weil sie erlaubten, dass 14-jährigen Mädchen heiraten. Es müsse ein Gesetz geben, das junge Mädchen davor schützt, illegale Ehen zu schließen. Sie würden vor Gericht gehen, um gegen diskriminierende Gesetze zu protestieren, kündigten sie an. (Citizen 19.9.09)

Am diesjährigen Stand-Up-Day versammelten sich Hunderte von Einwohnern des Tarime-Distrikts (Mara-Region) und schworen, sie würden verstärkt gegen die Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane (FGM) und die Verheiratung von Minderjährigen kämpfen; in Tarime komme das erschreckend häufig vor. (DN 19.10.09)

Eine Mitarbeiterin der International Labour Organization (ILO) beklagte, viele Mädchen würden schon während der Pubertät zu Witwen, weil sie frühzeitig zur Eheschließung mit einem meist sehr viel älteren Mann gezwungen würden. Viele seien in einem fortgeschrittenen HIV/AIDS-Stadium und stürben nach kurzer Zeit. (DN 31.8.09)

Zu Gewaltanwendung

Die Regierung ließ im ganzen Land Fälle von Gewaltanwendung gegen Kinder, Männer, Frauen, Albino und Alte untersuchen. Es ging vor allem um Verprügeln der Ehefrau, Frauenhandel, Missbrauch von Frauen und Kindern und andere häusliche Gewaltanwendung. Laut Statistik wird von zehn Mädchen unter 15 Jahren eines sexuell missbraucht.

Das Tanzania Rehabilitation Centre for Abused Orphans and Disabled Relief Programme zollte dem Kampf der Regierung gegen Gewaltanwendung durch Männer, unter der Frauen und Kinder, doch vor allem Schulmädchen leiden, Anerkennung.

Laut einer während der letzten 12 Monate durchgeführten Studie wurde körperliche Gewaltanwendung in 80 % der berichteten Fälle vom Ehemann verübt.

Das LHRC drängt die Regierung, Häuser für Opfer häuslicher Gewalt zu errichten, in denen Frauen, eine sichere Bleibe finden können. Gewohnheitsrecht, das die Frauen erniedrigt, solle abgeschafft werden.

In Sansibar nehmen Verstöße gegen die Rechte der Frauen zu; betroffen sind vor allem Schulmädchen.

In einem Krankenhaus auf Sansibar wurden von Jan. bis Mai 09 289 Opfer von Vergewaltigung behandelt. Der Krankenhausdirektor berichtete, normalerweise kämen pro Tag 15 bis 20 vergewaltigte Frauen und Mädchen zu ihm. (DN 25.4.09; Guardian 1./26.8./ 1.9.09; Citizen 25.9.09)

Eine 15-jährige Schülerin, die nicht bereit war, sich verheiraten zu lassen, wurde von ihrem Vater und ihrem älteren Bruder zwei Tage lang verprügelt. Mit Wunden an allen Körperteilen wurde sie von ihrer Mutter bewusstlos zur Polizei, von dieser in ein Krankenhaus gebracht. Wegen ihrer Weigerung entgeht Vater und Bruder der Brautpreis, zwei Kühe. (DN 9.11.09)

Die East African Legislative Assembly (EALA) verabschiedete eine Resolution zum Schutz der Frauen gegen Gewalt. Eine Abgeordnete sagte, manche Traditionen, z. B. die der Maasai, erlaubten, dass ein Mann seine Ehefrau tötet. "Wir können die Tradition nicht länger als Entschuldigung für Gewaltanwendung gegen Frauen anführen. Wir brauchen Gesetze, die das Recht der Frauen in den Mittelpunkt stellen." (DN 19.11.09)

Zur Bildung

1.317 Frauen zweier Regionen Sansibars, bisher Analphabeten, können nach dem Besuch des Erwachsenenunterrichts des Women Empowerment Project in Zanzibar (WEZA) nun lesen und schreiben. Eine Lehrerin berichtete, es sei eine schwere Aufgabe gewesen, Erwachsene zu unterrichten, "aber es ist ein lohnendes Unternehmen", denn die Frauen seien kooperativ und am Lernen interessiert. (Guardian 19.9.09)

Wegen Schwangerschaft konnten '08 in der Mbeya-Region 365 Schülerinnen die Primar- oder Sekundarschule nicht abschließen; von Jan. bis Juni '09 waren es 226. Ähnlich ist die Lage in der Rukwa-Region. Die Tanga-Region verliert jedes Jahr mindestens sechs Klassen. Fachleute meinen, in den Regionen Mtwara und Lindi sei das Problem noch größer.

Die Regierung arbeitet nun an den lange ersehnten Regelungen für die Wiederzulassung schwangerer Schülerinnen nach der Entbindung.

Gleichzeitig sollte man Verordnungen schaffen für Maßnahmen gegen die für die Schwangerschaft der Schülerinnen Verantwortlichen. Geschieht das nicht, könnte die Wiederzulassung verantwortungslose Männer ermuntern, noch mehr Leid zuzufügen.

Präsident Kikwete schlug vor, Schlafsäle zu errichten, damit möglichst viele Schülerinnen eine Unterkunft haben. Ferner solle man von allen, die das betreffende Mädchen möglicherweise geschwängert haben, eine Blutprobe machen. Ist bewiesen, wer verantwortlich ist, droht dem Betreffenden eine strenge Strafe. (Guardian 3.11.09)

Zur Rolle in der Politik

Ein CCM-Verantwortungsträger forderte die Frauen auf, sich bei Kommunalwahlen um ein Amt zu bewerben. Immer hätten sie Männer gewählt, weil sie fälschlicherweise glaubten, sie könnten Männer nicht führen und keinen wichtigen Posten übernehmen. Doch sie seien fähig, das zu tun.

30,91 % der Abgeordneten sind Frauen. Im Kabinett sind es 26,92 %. Die Geschäftsführerin des TGNP lobte, die Regierung habe für wichtige Ministerien Frauen ernannt, das Parlament eine Frau als Stellvertretende Präsidentin.

Laut Tanzania Media Women's Association (TAMWA) gibt es in den 10.371 Dörfern nur 200 weibliche Vorsitzende, obwohl Tansania regionale und internationale Abkommen unterzeichnete, denen zufolge in Entscheidungsgremien 50 % Frauen sein sollen. In den Medien sind wenige Frauen beschäftigt, vor allem in den oberen Rängen. (DN 12./14.9.09; Guardian 29.8./ 16.9.09)

Teilnehmende eines Seminars zum Thema 'Beteiligung der Frauen an der Politik', an dem Vertreterinnen der unterschiedlichen Parteien, auch Abgeordnete teilnahmen, äußerten, Frauen in wichtigen Entscheidungsgremien sollten andere Frauen unterstützen, damit die Frauen-Beteiligung bei politischen Prozessen zunehme. (Guardian 26.8.09)

In einer Erklärung der TAMWA heißt es, nur wenige Frauen hätten sich für die Kommunalwahl registrieren lassen. "Schuld daran ist, dass sie immer den Haushalt versorgen und gesellschaftliche Verpflichtungen übernehmen müssen." Die Frauen sollten sich für die Wahlen registrieren lassen, ehe es zu spät ist. (Guardian 10.10.09)

Zur Rolle in der Wirtschaft

Mehr als 150 Geschäftsfrauen zwischen 21 und 55 Jahren konnten ein vom Herausgeber eines Magazins veranstaltetes zweitägiges Training besuchen. Die 30 Mentoren, unter ihnen Bankangestellte, Buchprüfer und Wirtschaftsberater, leiteten je 3-5 Frauen an. Sie werden diese während der kommenden 6 Monate weiter beraten. 2008 nahmen 200 Unternehmerinnen teil. (Citizen 3.10.09)

Bei der Eröffnung der Tanzania Women Bank (TWB) sagte ihr Betriebsdirektor, man werde in allen Regionen Zweige einrichten, außerdem Internetbanking und ATM anbieten. Auch Männer können Konten eröffnen und Anteile erwerben. Von den 1.646 Kontoinhabern sind 81 % Frauen. Unternehmerinnen, die ein Darlehen benötigen, hatten die Gründung der TWB gewünscht. 43 % der kleinen und mittleren Unternehmen sind im Besitz von Frauen. (DN 5.9.09; Guardian 5./7.9.09)

Eine Mitarbeiterin der International Lobour Organization (ILO) sagte, wegen Mangels an Selbstwertgefühl und Information, Stigmatisierung und mangelhafter Bildung bekämen junge Frauen selten eine Anstellung. (DN 31.8.09)

Zur Schwangerschaft

Eine Mitarbeiterin des Legal and Human Rigths Centre (LHRC) riet den Frauen, genau zu erkunden, auf wen sie sich einlassen, damit sie den betreffenden Mann verantwortlich machen können, wenn sie schwanger werden. Häufig forderten junge Frauen Unterstützung ihres Kindes von einem Mann, von dem sie nicht einmal den Namen wissen. "Die Leute nennen ihn Sowieso", sagten sie; seinen Familiennamen wüssten sie nicht. Es fehle ihnen an Selbstwertgefühl. Die Gesellschaft müsse über das Thema Ehe informiert werden, damit Paare über ihre Rechte und Pflichten Bescheid wüssten. (Guardian 7.8.09)

Um zu verhindern, dass Schülerinnen schwanger werden, will die Verwaltung des Chunya-Distrikts (Mbeya-Region) schwangere Schülerinnen verhaften, wenn sie sich weigern, den zu nennen, der sie geschwängert hat. Auch die Eltern wollen es nicht verraten. Der Distrikt ist entschlossen, die Schuldigen zu bestrafen.

Von 22 gemeldeten Männern wurde bisher einer zu lebenslänglicher, einer zu 30 Jahren Haft verurteilt, ein 18-Jähriger zu zwölf Stockschlägen. Gegen die anderen wird noch ermittelt.

Der Bildungsbeauftragte des Distrikts sagte: "Wir beschlossen, in den Primar- und Sekundarschulen die Schülerinnen alle vier Monate untersuchen zu lassen." In diesem Jahr sei die Zahl der Schwangeren zurückgegangen.

Amnesty International schätzt, zwischen '03 und '06 seien etwa 14.000 Mädchen aus der Schule gewiesen worden. Die Mtwara-Region registriert die meisten Fälle. Dort sind Initiationszeremonien üblich. (Guardian 12.10.09)

Zu Abtreibungen

Abtreibung ist in Tansania illegal, nur für den Fall erlaubt, dass Leben und Gesundheit der Mutter gefährdet sind. Doch in Dar-es-Salaam wurde Abtreibung zu einem lukrativen Geschäft. Für einen Eingriff müssen 70.000/- bis 100.000/- TSh bezahlt werden, je nachdem in welchem Monat die Schwangere ist.

Eine Krankenstation in Dar-es-Salaam führt pro Monat bis zu 40 Abtreibungen durch. Manche Kliniken machen sich nicht einmal die Mühe, nach dem Vater des Kindes zu fragen. Einige reinigen die Geräte nicht, so dass viele Frauen infiziert werden.

Häufig muss die Frau nach einer Abtreibung wegen starker Blutungen in ein Krankenhaus gebracht werden. Oft haben die Ärzten keine andere Wahl, als den Uterus zu entfernen. Der Direktor des Muhimbili National Hospital (MNH) sagte, man führe keine Abtreibung durch, sei jedoch gezwungen, das Leben der Opfer zu retten.

Die Stellvertretende Gesundheitsministerin berichtete, die meisten privaten Krankenhäuser machten die Abtreibungen im Verborgenen. Werden sie angezeigt und Beweise vorgelegt, gehe man gerichtlich gegen sie vor, entziehe ihnen u. U. die Lizenz.

Frauen, die bei einer Abtreibung Schaden erlitten, drängen die Regierung nun, Quacksalber zu verfolgen, die riskante Eingriffe machen, dabei das Leben der Frauen in den meisten Fällen ruinieren. Bei Interviews meinten fast alle, die Regierung sei sich des Problems bewusst, unternehme aber nichts. (Guardian 27.8.09; The Express 10.9.09)

Das Gesundheitsministerium will Women on Waves, eine holländische NGO, die die Abtreibung fördert, beobachten und angemessen gegen diese vorgehen. Sie empfiehlt Misoprostol, ein Medikament, das bei Blutungen nach der Entbindung verordnet wird.

Bei einem Lehrgang für Trainerinnen aus Burundi, der DRKongo, Ruanda und Tansania ging es darum, wie man Misoprostol in Apotheken findet, es aufbewahrt und in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten sicher anwendet, was man im Fall von Komplikationen tut und wie die Information an andere weitergegeben werden kann.

Weil die Abtreibung in Tansania illegal ist, verlassen sich Frauen und Mädchen auf Amateure, die Kräuter und Tinkturen verabreichen, auf den Bauch der Schwangeren trommeln oder einen Gegenstand in die Vagina einführen. Wer eine Abtreibung vornimmt, wird zu 14 Jahren, wer dazu hilft zu drei Jahren, eine Schwangere, die abtreibt, zu sieben Jahren Haft verurteilt. (ThisDay 16.11.09)

Zur Verstümmelung der weiblichen Genitalien (FGM)

Im Tarime-Distrikt (Mara-Region) flohen im November und Dezember 2008 53 Mädchen aus ihren Familien, um an einem einmonatigen Kurs sog. alternativer FGM einer röm.-kath. Gemeinde teilzunehmen. Bei ihrer Heimkehr seien sie zur FGM gezwungen worden, heißt es; denjenigen, die das nicht zuließen, sei die Unterstützung für einen weiteren Schulbesuch verweigert worden. Zwei Schülerinnen wurden aus dem Elternhaus verjagt.

Die Polizei verhaftete eine Frau, die 50 Mädchen zur FGM gezwungen hatte. Der Präsident der Organisation Save the Children of Tanzania (Sachita) sagte: "Die Verhaftung der Ngaribas (Ausführende der FGM) würde das Problem nicht lösen. Man müsste erreichen, dass sie kapieren, was die FGM mit den Mädchen macht." (DN 19./21.1.09)

Ein bekannter muslimischer Gelehrter erklärte, es gebe keinerlei Verbindung zwischen FGM und muslimischer Lehre. Sie werde in 28 Ländern Afrikas südlich der Sahara praktiziert. (Guardian 28.4.09)

Ein Gynäkologe beschuldigte einige Ärzte, Hebammen, Krankenschwestern und Hilfsärzte, sie führten in Ländern, die die FGM verboten haben, diese heimlich durch. Dadurch hintertrieben sie die Anstrengungen der WHO, die FGM abzuschaffen. (Guardian 1.5.09)

Trotz Bemühungen der Regierung, die FGM auszurotten, wird sie in einigen Regionen heimlich weiterhin an Mädchen und Frauen zwischen sechs und 20 Jahren, bisweilen auch Säuglingen durchgeführt. In den Regionen Arusha und Manyara sind 81 % der Frauen beschnitten, in der Dodoma-Region 68 %, in der Mara-Region 44 %. Doch immer wieder geschieht es, dass Beschneiderinnen ihre Gerätschaften abgeben. (DN 14.11.09)