Schwerpunktthema Kriminalität II: Organisierte Kriminalität - 04/2015

Aus Tansania Information
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Menschenhandel

In Tansania führt die Internationale Organisation für Migration (IOM) mit Unterstützung der EU ein dreijähriges Projekt gegen Menschenhandel durch. IOM-Mitarbeitenden zufolge leben in TZ Menschen in Sklaverei-ähnlichen Umständen in Haushalten, Bettelbetrieben, Landwirtschaft, Fischerei, Bergbau, Gastronomie und Sexindustrie. Die Meisten von ihnen sind Jungen und Mädchen zwischen 10 und 17 Jahren. Mädchen werden in touristischen Gebieten sexuell ausgebeutet, Jungen durch Zwangsarbeit in informellen Steinbrüchen und Minen.

Häufig erleichtern Familien oder Freunde diesen Menschenhandel aus Gewinnsucht oder weil sie Vorteile für die Betroffenen erwarten (Ausbildung, Anstellung). Die alte Tradition, dass Kinder aus armen Familien von reicheren oder angeseheneren Verwandten aufgezogen werden, wird heute oft zu ausbeuterischen Zwecken missbraucht. Verlässliche Zahlen sind nicht verfügbar.

Ein Inder wurde in DSM zu 30 Jahren Gefängnis oder TZS 15 Mill. Geldstrafe wegen Menschenhandels verurteilt. Er hatte junge Mädchen aus Indien und Nepal mit falschen Versprechungen nach DSM gelockt und dann in seinen Tanzclubs zu sexuellen Diensten gezwungen. Er muss den Geschädigten 12 Monate Gehalt und das Rückflugticket bezahlen.

Deutlich nimmt in Tansania der grenzüberschreitende Menschenhandel zu. Illegale Migranten (meist aus Somalia, Äthiopien und Eritrea) werden von Schleppern via TZ nach Südafrika geschafft, oft unter sehr prekären Umständen. Manche von ihnen versuchen, in Tansania Fuß zu fassen. Tansanier/innen werden, häufig mit falschen Versprechungen, nach Südafrika, den Mittleren Osten, China und einige europäische Staaten gelockt. Dabei spielen Lockangebote im Internet eine fatale Rolle.

IOM hebt hervor, dass sich der Menschenhandel zunehmend global organisiert und eng mit Drogen- und Waffenschmuggel, sowie Geldwäsche- und terroristischen Organisationen vernetzt.

Der Menschenhandelsbericht des amerikanischen Außenministeriums bescheinigt Tansania unzureichendes Engagement im Kampf gegen den Handel mit Personen. Obwohl 2008 ein Entschädigungsfonds für die Opfer eingerichtet wurde, hat noch niemand Hilfe erhalten. Das 2011 eingerichtete Sekretariat gegen Menschenhandel hat immer noch keine Ausführungsbestimmungen, was Zeugen- und Opferschutz unmöglich macht. Daher wurde 2014 kein einziger Schuldiger festgenommen oder verurteilt. Regierungsstellen begründen die Verzögerungen mit der komplexen Situation, die erfordere, dass mehrere Ministerien kooperieren.

Die Einwanderungsbehörde dementierte Berichte, nach denen einige ihrer Mitarbeiter den Handel mit asiatischen Mädchen gedeckt hätten. Dies sei klar verboten. - Einzelheiten über moderne Sklaverei finden sich in den Jahresberichten von „Walk Free Foundation“: www.globalslaveryindex.org.

Citizen 05.07.14; DN 27.01.15; Guardian 15.03.; 29.04.14; IOM-website: www.iom.int/cms/tanzania;

Organisationsformen

Verschiedene organisierte Banden teilen Dar-Es-Salaam in Zonen auf. Bekannte Banden sind die „Wilden Hunde“ (mbwa mwitu), die „Kleinen Flamingos“ (nyange-nyange), die „Taschendiebe“ (vibaka wa ukonga), die „Nachtmädchen“ (vicheche), die „Schwarzen Amerikaner“ (Wamarekani Weusi) und die „Noah-Fahrer“ (ein Toyota-Modell). Die Gangster schulen sich an den Erfahrungen nigerianischer Banden und an Gangsterfilmen, die sie eingehend studieren. Dann üben sie Modellszenen für Überfälle u.ä. systematisch ein. Während die Bevölkerung über zunehmende Überfälle und Raubzüge klagt, sagte der Polizeikommandant, die Sicherheitskräfte hätten inzwischen alle führenden Gangster festgenommen. Sie seien „intelligent genug, um alle kriminellen Tricks zu schlagen“.

Da immer mehr „verlorene“ Pässe gemeldet werden, vermutet die Passbehörde, dass viele davon an Verbrecher verkauft wurden. Da Tansania ein relativ gutes Image habe, legten sich Schmuggler und Drogenkuriere tansanische Pässe mit falschen Namen zu.

Nach offiziellen Statistiken sitzen 185 Tansanier, meist jugendliche Drogenschmuggler in chinesischen Gefängnissen. Eine hohe Dunkelziffer wird vermutet, da viele mit gefälschten Dokumenten reisen und daher der Botschaft nicht bekannt sind. Da China keine Statistik über Hinrichtungen veröffentlicht, ist auch unbekannt, wie viele Tansanier wegen schweren Drogenhandels hingerichtet wurden.

DN 20.03.15; Guardian 04.,26.01.15